Zwei Oltner Buben in der Fremdenlegion (6)

Am 2. Januar 1914 also flohen Adolf Hunziker und Alfred Santschi mit ihren zwei Berner Freunden aus der Kaserne von Sidi Bel Abbès. Der wachhabende Unteroffizier am grossen Ausgangstor musterte sie misstrauisch, liess sie aber passieren. Sie verschwanden sofort entlang den Festungsmauer nach Nordosten und liefen der Sahara entgegen, immer abwechselnd im Lauf- und Marschschritt. Als der nächste Morgen graute, hatten sie schon 70 Kilometer zurückgelegt. Bei Tageslicht galt es vorsichtig sein. Gewiss waren ihnen schon Suchtrupps auf den Fersen. Zudem wussten die Eingeborenen, dass auf jeden Deserteur ein Kopfgeld ausgesetzt war.

Den Tag verbrachten sie an einem einsamen Wasserloch. Am Mittag entdeckten sie in der Ferne Reiter, die direkt auf sie zuzuhalten schien. Sofort versteckten sich die Vier im Palmengestrüpp. Eine Stunde verharrten sie so, die Reiter kamen näher. Es waren sieben Spahis, maghrebinische Kavalleristen in französischem Dienst. Einen Steinwurf von den Flüchtigen entfernt tränkten sie ihre Pferde, dann zogen sieweiter.

In der folgenden Nacht ging die Flucht weiter, vorbei an kleinen algerischen Weilern, in denen nackte Kinder vor Zelthütten mit mageren Ziegen spielten. Der Mond stieg aus dem Sandmeer auf und goss sein fahles Licht über die Wüstenlandschaft, in der vier Schatten schweigend marschierten. Im Sand schimmerten schneeweiss die

Knochen verendeter Pferde und Kamele. Als wiederum der Morgen graute, legten sich die Vier in ein Gestrüpp und verbrachten dort den Tag. Als Proviant hatten sie gedörrte Datteln und grüne Oliven.

So ging es fünf Tage und sechs Nächte lang. Die Deserteure hatten bereits 300 Kilometer zurückgelegt. Hunziker und Santschi waren in Gedanken schon wieder zu Hause in Olten bei ihren Lieben. Aber sie waren erschöpft und beschlossen, eine Nacht zu ruhen.

Und dann machten sie den Fehler, ein Lagerfeuer zu entfachen.

Alex Capus

Fortsetzung folgt

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