«Zugvögel»

Noch ist der Sommer gross und schön, bald wird er vorüber sein. Jeden Morgen trete ich auf den Balkon und lausche besorgt hinauf zum Nest der Mauersegler, ob sie schon nach Mauretanien oder Namibia in ihr Winterquartier aufgebrochen sind. Noch sind sie hier, ich kann das Fiepen der Kleinen hören.

Wenn ich dann in der Aare schwimmen gehe, sehe ich im Chessiloch eine einzelne Möwe auf einem Baumstrunk stehen. Eine Möwe mitten im Sommer? Das ist neu für Olten. Früher kamen Möwen in Scharen aus Polen zum Überwintern an die Aare, weil sie auf den verschneiten Müllkippen Osteuropas kein Futter mehr fanden. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus wurden Verbrennungsanlagen gebaut, die polnischen Möwen mussten aussterben oder ihre Nahrung anderweitig beschaffen; jedenfalls kommen sie seit Gorbatschow nicht mehr hierher. Und jene einzelne Möwe, die jetzt den Sommer im Chessiloch verbringt, sieht irgendwie anders aus als die polnischen Möwen und macht auch anderen Lärm.

Wenn ich beim Strandbad aus dem Fluss steige, sehe ich bei den Kinderbecken und ungewohnt viele Serbokroatisch sprechende Familien. Man erkennt sie von weitem, weil sie ein bisschen anders aus-sehen und eher weniger Lärmmachen als die einheimischenFamilien. Die Männer sind kräftig gebaut, sitzen schweigsam beieinander und rauchen. Die Frauen sind hübsch zurechtgemacht,sitzen plaudernd beieinander und rauchen ebenfalls. Die Kinder planschen im Wasser und sind von einheimischen Kindern nicht zuunterscheiden.

Vermutlich werden diese Familien bald nach Serbien und Kroatien in ihre Winterquartiere zurückkehren, wenn die Sommersaison im Baugewerbe vorüber ist. Und nächstes Wochenende, zum Ende der Schulferien, werden auch die letztenhiesigen Zugvögel aus ihren Sommerquartieren an den Stränden Spaniens, Italiens und Kroatiens heimgekehrt sein.Alex Capus

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