Zeit, zu warten
Die Ferien sind vorbei und damit auch die Zeit des Wartens. In den Ferien gibt es sie, diese leeren Stunden, diese Phasen des Dämmerzustands, diesen verschwenderischen Umgang mit denTagen. Wer im Alltag viel auf Draht ist, muss in den Ferien den Müssiggang eines Tagediebes zuerst wieder lernen und sich eingestehen, dass daran nichts Schlechtes ist. Denn genau dazu sind die Ferien da. Einfach mal nichts machen. Einfach am Strand sitzen und den Wellen zuschauen. Einfach sein.
«Komm, wir gehen!» – «Wir können nicht.» – «Warum nicht?» – «Wir warten auf Godot.» – «Ah». Dieser Dialog zwischen Wladimir und Estragon ist die zwischen Buchdeckeln gebannte Krönung des Wartens. Es ist eine Szene aus «Warten auf Godot» von Samuel Beckett. In diesem Stück wird das Warten zur Pein, die Zeit rinnt zäh wie Melasse. 1953 uraufgeführt wirkt «Godot» heute noch absurder als damals schon. Denn wer in der heutigen Zeit irgendwo sitzt und einfach wartet, gilt in der Regel als Ver-lierer. Die anderen hingegen werden nervös, wenn sie warten müssen. Beispielsweise am Bahnhof. In gedrungener Haltung, als müssten sie die ganze Last der Welt tragen, stehen sie und starren auf ihre kleinen Bildschirme. Mit Spielchen, Chats und News füllen sie die Lücken zwischen dem Ende eines Termins und dem Beginn des anderen. Ein Vakuum im zappeligen Alltag erträgt man kaum noch.
Wir Oltner hingegen sind eigentliche Meister des Wartens. Warten auf «Andaare». Warten auf eine tolle und sichere Lösung bei der Winkel-Unterführung.Warten auf finanziell bessere Zeiten. – Wer weiss, vielleicht kommt Godot vorher.