«Wunderheilung»

In der Krise hat die öffentliche Hand kein Geld mehr, das ist schlimm. In Olten spricht man davon, Museen und Bäder zu schliessen, womöglich auch die Stadtbibliothek. Das Schulfest soll nicht mehr jedes zweite, sondern nur noch jedes dritte Jahr stattfinden. Kinder aus armen Familien dürfen nicht mehr ins Skilager, an neue Schul-häuser und Verkehrswege ist nichtzu denken.

Da ist es tröstlich, dass die Infrastruktur in Zeiten der Krise zuweilen wundersame Selbstheilungskräfte entwickelt. Vor gut 30 Jahren sollte das traditionsreiche Oltner Restaurant «Terminus» abgerissen werden; weil die Bausubstanz unhaltbar schlecht geworden war und die Ersparniskasse Olten einen Neubau plante. Vereine und Parteien jammerten, die «Terminus»-Säle war ihnen jahrzehntelang eine Heimat gewesen. Die Baubehörde äusserte Verständnis, aber leider: Die Bausubstanz. Die Abrissbewilligung wurde erteilt, die Mieter mussten ausziehen.

Das war kurz vor Ausbruch der Immobilienkrise. In der Krise aber brach die Ersparniskasse zusammen, von einem Erweiterungsbau war keine Rede mehr. Auch über die schlechte Bausubstanz sprach niemand mehr, das «Terminus» steht bis heute und erfreut sich bester Gesundheit - eine wundersame Heilung.

Das gibt Hoffnung für das aktuell grösste öffentliche Oltner Bauprojekt. Für 10 Mio. Franken oder so will die Stadt den Fussweg an der Aare zwischen Bahnhof- und Altstadtbrücke durch einen neuen Fussweg ersetzen. Kritiker sagen, dass nur eine Menge Beton angerührt wird und danach alles genau gleich trostlos ausschaut. Das stimmt, sagen die Befürworter, aber der ganze Hang rutscht, man muss etwas tun. Die Bausubstanz,leider. Laien können das Rutschen nicht sehen, Experten aber schon.Die Planer, Architekten und Beton-mischer stehen in den Startlöchern, die wollen etwas tun.

Aber jetzt ist Krise. Es fehlt das Geld, das Projekt ist gefährdet. Bange schaue ich auf den Hang. Wird er weiterrutschen, oder auf wundersame Art damit aufhören? Qui vivra, verra.

Alex Capus

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