Wieder diese Klarheit
Erst noch mit den Füssen im Mittelmeer und nun bereits wieder in der wärmenden Jacke. Den Sommer im Rücken, den Winter vor uns. Viele verbinden den Herbst mit Abschied, ja Verlust, weil sie der Wärme und dem Licht mehr zugetan sind als den kommenden kühlen Tagen. Das bringt sie ins Grübeln oder macht sie zu Anhängern der Melancholia.
Der Herbst ist so schlecht nicht. Er hilft, Bilanz zu ziehen und bringt Klärung. Der Blick geht wieder weit. Wer auf einer Jura-Anhöhe steht, meint, die Alpen pflücken zu können; scharf heben sie sich ab am Horizont. Es gibt keine Trübung, keine gewittrig wachsenden Wolkentürme, das Fieber des Sommers hat sich verzogen. Die Temperaturen sind zu unseren Gunsten - ein kühler Hauch am Morgen und wohltuende Sonnenstrahlen am Nachmittag sorgen für Klarheit im Kopf.
Diese Klarheit ist uns von Nöten, sind wir doch umgeben von lauten Sprechern, Überzeugten ohne jeglichen Zweifel und Taktierern. In Zeiten anstehender Wahlen ist es nicht immer einfach, die ir- rationale Spreu vom rationalen Weizen zu trennen. Bedingung dafür ist Auseinandersetzung mit Menschen und Themen. Wenn uns der unablässig strömende Fluss von Tatsachen und Wirrungen mitreisst, brauchen wir einen starken Poller, an dem wir unsere Taue setzen können. Innehalten und den Sachen auf den Grund gehen.
Der kommende Sonntag bringt Enttäuschung und Freude, aber auch Klarheit. Wem schenken wir für die nächsten vier Jahre unser Vertrauen, wem legen wir viel Verantwortung in die Hände? Verantwortung, die ob der angehenden Aufgaben schwerer wiegt als auch schon. Wir haben die Aus-Wahl. Andere beneiden uns um dieses Privileg, darüber müssten wir uns eigentlich auch im Klaren sein.