«Von Menschen und Kuchen»
Wer an einem Samstag in Olten keinen Kuchen kaufen will, hat es schwer. Macht man einen grossen Bogen um den Kuchenverkauf vor dem Coop City, tappt man kurz darauf beim Oberen Graben in die Falle. Kuchenverkaufen scheint im Städtchen ein Volkssport zu sein. Von den Fussball-Juniorinnen, über die Pfadfinder bis zur Schulklasse: Alle verkaufen Kuchen. Dabei backen viele Mütter für ihre Kinder, um den eigenen Kuchen dann am Marktstand des Nachwuchses wieder zu kaufen. Mit dem Ertrag aus der Standaktion kommt die Schulklasse vielleicht einige Kilometer weit, aber meist nicht annähernd ans Ziel ihrer Abschlussreise. Unter ökonomischen Gesichtspunkten ist Kuchenverkaufen infolgedessen nicht gerade ein Paradebeispiel für gewinnbringendes Geschäften.
Da war der Student erfolgreicher, der am Freitagmorgen seinem Kollegen im Zug erzählte, dass er tags zuvor eine rechte Summe Euros gekauft und damit indirekt 400 Franken Gewinn gemacht habe. Der Nationalbank sei Dank. Geradezu emotionslos schilderte er seinen Deal, als habe er bloss rasch in der Bäckerei ein Weggli gekauft.
Die einen verkaufen Kuchen. Sie lernen, dass hinter ihrem Gewinn eine Anstrengung steckt. Der Standplatz muss organisiert werden, es braucht einen Tisch, Wechselgeld und eine Bewilligung. Am Schluss mag der Gewinn bescheiden sein, aber vielleicht bleibt ein bisschen Stolz über eine gelungene Aktion mit Kollegen. Die anderen profitieren von den Ausschlägen des globalen Finanzsystems, für sie ist die Welt längst ein reales Monopolyspiel. Gerne gehe ich auch künftig ab und zu mit einem in eine Serviette eingeschlagenen Stück Zitronencake nach Hause.
