Vom Vermissen und Bleiben

Finja Basan, Wahloltnerin und Kommunikationsmitarbeiterin. (Bild: Remo Buess)

Es ist der 21. Mai 2021, der Kloss im Hals wird immer grösser und meine Augen füllen sich langsam mit Tränen. Als sich die Schiebetür des Flughafenterminals öffnet und ich meine Mutter nach acht Monaten wieder sehe, kann ich mich nicht mehr zurückhalten. Die Tränen kullern. Denn 900 Kilometer fühlten sich nie so weit weg an wie im vorhergegangenen zweiten Lockdown.

Wenn ich also gefragt werde, ob ich nicht Familie und Freunde vermisse, antworte ich nach wie vor mit einem eindeutigen «klar». Und ergänze: «Vor allem am Geburtstag oder an Feiertagen». Eigentlich immer dann, wenn Generationen zusammenkommen, wenn es Erfolge zu feiern gäbe und auch wenn das Leben mal unangenehm ist.

Wenn ich im gleichen Atemzug sage, dass ich nicht plane, zurück zu gehen, verwundert das häufig: «Ah, du möchtest bleiben? In deinen Texten spürt man doch immer wieder das Heimweh», wurde ich erst vor Kurzem gefragt. Doch für mich ist klar: Vermissen und bleiben schliessen sich nicht aus. Denn hier anzukommen, bedeutet nicht, den Norden, meine Familie und meine Freunde zu vergessen. Doch sie zu vermissen, bedeutet genau so wenig, zurück zu wollen.

Ob das Vermissen irgendwann weniger wird? Solange ich Familie und Freunde im Norden habe, vermutlich nicht. Aber sicher ist, man findet Wege damit umzugehen, findet neue Traditionen, die verbinden. Genauso sicher ist auch: Würde ich zurückgehen, hätte ich ebenso viel zu vermissen. Freunde, die Familie geworden sind, einen Partner, der mit seiner Familie auch meine Familie geworden ist, eine Arbeit, die mich sehr erfüllt, eine Kleinstadt, die ich lieben gelernt habe, und ein Land, das so schöne Natur bietet. Und vielleicht ist es am Ende gerade die Distanz, die mich noch ein bisschen mehr mit dem Norden verbindet. Denn was ich vermisse, trage ich im Herzen.

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