Verlieren können

Daniel Kissling, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)
Daniel Kissling, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)

Nei!», sage zur Abwechslung ich und nehm ihr das Handy aus der Hand. Meine Tochter schaut mich an, noch still, langsam ziehen sich die Mundwinkel nach unten, dann geht es los. Die nächsten 20 Minuten schreit, plärrt, weint sie und wirft dabei den Kopf theatralisch nach hinten. Kleiner Dickkopf, grosses Drama, weil sie nicht bekommt, was sie will.

Ich kann das schon nachvollziehen. Letzten Sonntag zum Beispiel, als auch Olten «Nei» sagte, zum Budget, da war mir ebenfalls nach Täubelen zumute. Auch wenn mich die Ablehnung nicht wirklich überraschte, ich mir die Gründe dafür zusammenreimen konnte, ein bisschen weh tat es trotzdem. Niemand verliert gerne und noch weniger, wenn man davon überzeugt ist, recht zu haben, das Richtige zu vertreten. «Schiis Stadt» murmelte ich und warf das Handy irgendwann in die Ecke.

Als ich mir später den Kopf verlüften gehe, zeigt sich Olten schon fast trotzig von seiner schönsten Seite. Auf dem Munzingerplatz spielen Väter mit ihren Kindern, die letzten Sonnenstrahlen tauchen die Stadtkirche in warmes Licht. Auf einem Bänkchen darunter kiffen zwei Junge einen Joint. Kurz überlege ich mir, sie zu fragen, was sie gestimmt haben, ob sie überhaupt abgestimmt haben. Die Hälfte der Oltnerinnen und Oltner, die hätten abstimmen können, haben es am Sonntag nicht getan. Noch mehr dürfen gar nicht. Das Nein zum Budget schmälert das natürlich nicht. Das zu behaupten, wär ebenfalls täubelen.

«Es gibt noch andere Wege, Olten vorwärts zu bringen», denke ich stattdessen und an den Cannabis-Pilotversuch, der auch ohne Budget gestartet ist und dass es Leute gibt, die deswegen auch Monate später noch schlimmer täubelen als meine Tochter.

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