Verkehrt
Kürzlich hat mein Freund Urs Konrad bei einem Gläschen Rotwein mit mir geschimpft. Meine Kolumnen hätten einen Linksdrall, die rechte Seite komme nicht vor. Urs, ein Genosse alten Schrot und Korns, bezog sich natürlich nicht auf meine politische Gesinnung, sondern auf unsere beiden Stadtseiten. Irgendwie hat er recht. Zwar habe ich den überwiegenden Teil meines Lebens auf der rechten Seite der Aare gewohnt, Olten nie als getrennt wahrgenommen und mich an vieles gewöhnt. Gehe ich nun jedoch mit von Urs geschärftem, wokem Blick auf dem Samstagsmarkt einkaufen, in Alex Bar ein Bierchen trinken oder mich im Arte zum Kaffee treffen, fällt es mir auf: im Verhältnis linker und rechter Stadtseite steckt der Wurm. Und das, obwohl die Mehrheit der Oltnerinnen und Oltner auf der rechten Stadtseite lebt. Wie anders lässt sich erklären, dass mit Millionen der Ländiweg saniert wird, der Stadtrat vom Tunnel nach Olten Südwest und neuem Bahnhofpatz träumt, aber immer noch keine anständige Verbindung für Fussgänger und Langsamverkehr zwischen linker und rechter Stadtseite existiert? Während die SBB in Bern mit einer kühnen Welle Akzente setzen, wird in Olten einfach neu geplättelt. Die Winkelunterführung verströmt den Charme des Berliner Bezirks Neukölln. Die Unterführungsstrasse ist eine dem motorisierten Verkehr dienende Kantonsstrasse. In Olten haben schon die Römer Brücken über die Aare gebaut. Wie wäre es, wenn wir jetzt nach 170 Jahren trennende Eisenbahn und Kantonsstrasse unser Städtchen mit einem kühnen Projekt verbinden? Also Stadtmütter und -väter, bevor ihr über die Erweiterung unserer Stadt in alle Richtungen sinniert: quert Olten mit wachem Blick, seid mutig und kreativ, setzt einen Wettbewerb mit dem Ziel auf, endlich zusammenzubringen, was zusammengehört.