«Usego»
Manchmal halten die Leute mich im Städtchen am Ärmel fest und sagen: «Sie, hallo, Sie sind doch der Dings, ich muss Ihnen jetzt mal eine Geschichte erzählen…». Als ich zum Beispiel letzte Woche von den Jod-Tabletten berichtete, die wir Oltner wegen unserer ungemütlichen Nachbarschaft zum AKW Gösgen bekommen, beklagten sich Mitbürger, dass sie seit Jahren auf ihre Jod-Tabletten warten. Und als ich vorletzte Woche von der guten alten Usego sprach, hat mir der Herr Braun aus Rickenbach ein paar sehr interessanteSachen erzählt, die ich hier gern zuhanden der Nachwelt festhalten möchte.
Wer weiss noch, dass die Bio-Orange vor über 50 Jahren inOlten erfunden wurde? Die Sorte hiess Robinson und war, wenn ich meinen Kindheitserinnerungen trauen darf, mit einem bunten Krepp-Papier umwickelt, auf dem ein Robinson mit einem Hut aus Palmenblättern abgebildet war. Erfunden hatte sie der Oltner Hugo Scheuring, Usego-Leiter Früchte und Gemüse, der grosse Teile des Orangenanbaus in Süditalien und Sizilien auf Bio und Nachhaltigkeit umstellte.
Das war die Zeit, in der die Bananen noch in Olten zur Reife gebracht wurden. Diese kamen per Schiff nach Amsterdam und dann mit der Bahn nach Olten in die Reifezelle des Usego-Lagerhauses. Und dass im 4. StockKaffee geröstet wurde, kann man heute, ein halbes Jahrhundert später, immer noch riechen.
Damals gab es noch keine EC-Karten, Post- und Lohnkonti. Wenn bei der Usego Zahltag war, fuhren Herr Braun und ein Kollege im VW-Bus zur Ersparniskasse Olten (gibt’s auch nicht mehr), holten das Geld in einer grossen Tasche ab und brachten es in die Usego-Buchhaltung, wo es in Lohntüten abgefüllt wurde.
Übrigens hat Usego auch den ersten Discount-Laden der Schweiz erstellt, der hiess Amarillo und stand dort, wo heute der Oltner Aldi steht. Usego hat auch das erste Lagerhaus in Egerkingen gebaut. Und war dann eine der ersten Detailhandelsketten, die dem Konzentrationsprozess zum Opfer fielen.
Alex Capus
