Ungleiche Ellen
Wussten Sie, dass es auch in Olten eine Bahnhofstrasse gibt? Diese Strasse ist zwar etwas weniger mondän als die von Zürich, aber immerhin. Sie führt vom Bahnhof den Gleisen entlang zum Verwaltungsgebäude der SBB Cargo. Da gibt es ein Hotel, Parkhäuser, die Logistik der Hauptpost und drei Bürogebäude mit hunderten von Arbeitsplätzen. Seltsamerweise ist diese Bahnhofstrasse, obwohl da weder Kinder spielen noch Menschen wohnen, im Gegensatz zu den meisten Oltner Quartiertrassen als Begegnungszone deklariert. Entsprechend ist die maximale Höchstgeschwindigkeit auf 20 km/h beschränkt. Auf Nachfrage hin kriegt man zur Antwort, die Mitarbeitenden von SBB Cargo wünschten das so. Aha! Etwas anders verhält es sich an der Ziegelacker- und inneren Solothurnerstrasse. Hier wohnen Menschen, es gibt ein Einkaufscenter, Gewerbebetriebe und zwei Altersheime. Vor Monaten schon haben die Bewohner der Altersresidenz Bornblick den Stadtrat um die Reduktion des Tempos auf 30 km/h gebeten. Bis anhin steht die Antwort aus. Misst unser Stadtrat etwa mit ungleichen Ellen? Zählt das Bedürfnis betagter Menschen nach etwas Ruhe weniger als der Wunsch von SBB-Mitarbeitenden nach einem gemächlichen Arbeitsweg? Und wenn der Stadtrat die Interessen der Wirtschaft schon höher gewichtet: Kürzlich war ich zusammen mit den beiden Regierungsräten Remo Ankli und Peter Hodel zum Nachtessen in der Altersresidenz Bornblick. Wir wurden nicht nur herzlich empfangen und konnten uns von der vorzüglichen Infrastruktur und professionellen Betreuung überzeugen. Mit Erstaunen nahmen wir auch zur Kenntnis, dass in der Altersresidenz an die hundert Arbeitsplätze angeboten werden. Altersresidenzen sind mehr als ein Segen für ihre Bewohner, sie sind auch ein Wirtschaftsfaktor für unsere Stadt.