Ukraineflagge
Nachdenklich blicke ich von meinem Schreibtisch in Richtung Stadt. Auf unserem Stadthaus weht die Fahne der Ukraine. Innert weniger Tage sind Gelb und Blau zum Symbol von Leid, aber auch von Widerstandswille, Freiheit und Selbstbestimmung geworden. Haben wir uns noch vor wenigen Wochen nach zwei Jahren Corona auf eine Rückkehr zur Normalität, einen unbeschwerten Frühling und menschliche Begegnungen gefreut, reiben wir uns ungläubig die Augen. Das Elend und die Gewalt in der Ukraine sind mehr als wieder Krieg in Europa. Es ist auch ein Krieg gegen all das, was ich an meinem Leben in Olten so liebe: meine täglichen Stadtspaziergänge und Schwatze im Kaffee, das Treffen mit Familie und Freunden, Oltens Vielfalt und versteckte Schönheit, die intakte Natur, meinen Beruf, meine Politik und alle anderen Leidenschaften, meine liberalen Überzeugungen, die Sicherheit, mich auf funktionierende Infrastruktur, Wirtschaft und Verwaltung verlassen zu können, liebenswerte und zum Teil auch ärgerliche Zeitgenossen, und meine Freiheit, in meiner Kolumne von Zeit zu Zeit ungestraft gegen unsere Obrigkeit zu mosern.
Was bis anhin so selbstverständlich war, scheint auf einmal fragil und zerbrechlich. So macht mich die gelbblaue Fahne auf unserem Stadthaus eben auch dankbar und demütig und erinnert mich daran, unserer Stadt, unserem Zusammenleben und unserem Zusammenhalt als Gemeinschaft Sorge zu tragen. Das Verbindende zwischen uns Oltnerinnen und Oltnern ist und soll stets grösser bleiben als das Trennende.