«Tristesse pur»
![Rhaban Straumann, Schauspieler, Satiriker und Autor.](/fileadmin/_processed_/b/e/csm_sao_2016-05-11_750_0900_791384_Straumann_bd19a943a6.jpg)
Musik. Gitarren-gezerre. Massentauglich arrangiert. Vermutlich. Lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Nach ein paar Takten macht die Musik einen Hüpfer zurück. Es beginnt von neuem. Verzerrte Gitarren. Wieder der Hüpfer. Zurück auf Feld Eins. Dieselben 15 Sekunden Kuschel- gitarren. Hüpfer. Zurück. Hört man genau hin, lässt sich einige Sekunden zuvor ein zweiter Sprung erlauschen. Nach vorne. Aber kleiner. Im Restaurant sitzt ein Dutzend Menschen. Gäste und Personal. Essen und Warten. Niemand scheint die Musik zu hören. Die zerrenden Gitarren. Die Hüpfer. Vor und zurück. Immer wieder. Endlose Repetition. Ein Sonntagabend. Sitze im einzigen Restaurant, das offen ist. Das Angebot, trostlos wie vielenorts, wo ein Knebelvertrag die Getränke- karte bestimmt. Übernachte danach in einem Hotel, welches schon geschlossen hat. Mutterseelenallein. Zwischensaison in den Bergen. Ist nicht ein von mir kreiertes Bild, um sich nie verändernde Vorgänge zu beschreiben. Alljährliche Wiederholungen. Ideelle Stagnation. Nein, die Musik spielt wirklich. Gitarren. Sprung. Die immergleichen 15 Sekunden. Niemand reagiert. Bis ich den Kellner bitte, eine andere CD einzulegen. Andere Musik, kaum besser. Wenigstens ohne Hüpfer. Mich freut’s. Keine Seele reagiert. Anlass für meinen Aufenthalt in den Bergen, ein Trockensteinmauerbaukurs. Innert zwei Tagen bewegen wir zu fünft rund 20 Tonnen Material. Von Hand. Zwei schöne Tage. Abends: Tristesse pur. Spaziere durch tote Zweitwohnungsquartiere. Habe die Musik im Ohr. Verzerrte Gitarren. Sprung. Stets dieselben paar Takte. Schätze mich glücklich, lebe ich in einer Stadt ohne Saisons. Immer Alltag. Stets Leben. Danke.