«Sultaninen und die starken Männer»

Urs Bloch, Mediensprecher.
Urs Bloch, Mediensprecher.

Als ich mir ein paar der schrumpeligen, kleinen Früchte in den Mund schob, las ich auf der Packung, dass diese Sultaninen aus der Türkei kommen. «Ist ja eigentlich naheliegend», dachte ich. Denn der starke Mann am Bosporus sieht sich als grosser Sultan und will in seinem Land alleine schalten und walten. Auf Kritik an diesem Vorhaben reagiert er knallhart und dünnhäutig. Mir sind Sultaninen lieber als selbsternannte Sultane, aber ich beobachte, dass die starken Männer schwer im Kommen sind. In Ankara, Budapest, Moskau und Washington wollen die Sultane des 21. Jahrhunderts machtvoll und gefürchtet sein. Wer im Geschichtsunterricht nicht nur zum Fenster hinaus-geschaut hat, der ahnt Böses, zumal sich diese Männer nicht über fehlende Gefolgschaft beklagen können.
Wir haben es gut. Wir bestimmen diejenigen selbst, die uns den Weg weisen und müssen uns nicht für einen einzigen entscheiden. 35% der Solothurner Stimmberechtigten machten am Sonntag von ihrer Wahlfreiheit Gebrauch. Die anderen nutzten die Freiheit, nicht zu wählen, um danach vier Jahre lang über die Gewählten vom Leder zu ziehen. So funktioniert Demokratie in einem wohlstandsgesättigten Land. Und dann gibt es noch jene, die sich auf Facebook über die dicken Wahlcouverts beklagten. «Was soll dieser Müll? Sauerei, dass die Politiker meinen Briefkasten verstopfen», schrieben sie, ohne auch nur einen Gedanken darüber zu verlieren, wofür so ein Wahlcouvert gut sein könnte. Vielleicht hätten diese Maulhelden des Internets auch lieber einen starken Mann an der Spitze, weil er ihnen das Denken abnehmen würde. Kraftvoll beisse ich in eine Sultanine und denke, es sei ein Sultan.

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