«Somalia-Trimbach einfach»
![](/fileadmin/_processed_/1/8/csm_sao_2012-05-16_750_0960_103909__827ca30756.jpg)
Letzte Woche habe ich die Bekanntschaft zweier Schwestern gemacht, die mit ihren Eltern vor
vielen Jahren aus Somalia geflohen sind. Es war ein Weg voller Mühsal und Gefahren auf Lastwagen durch die Wüsten Äthiopiens, Sudans und Libyens bis ans Mittelmeer. Irgendwo unterwegs wurde ihr Vater von ihnen getrennt, sie dachten, er sei tot. Die Mutter fuhr allein mit den zwei Mädchen auf einem Flüchtlingsschiff übers Meer.
Als sie den Fuss aufs italienische Festland setzten, waren sie mehr tot als lebendig. Alle drei hatten Malaria und waren unterernährt, zahlreiche andere Krankheiten hatten sie auf der jahrelangen Reise aufgelesen. Das kleinere der beiden Mädchen hatte keinen Ausweis, die Mutter versteckte es unter ihren Kleidern. Das Kleine war so geschwächt und still, dass kein Zöllner es bemerkte.
Schliesslich gelangten sie in die Schweiz, erst nach Grenchen, dann nach Solothurn und endlich nach Trimbach. Dort erhielten sie medizinische Pflege und wurden gesund. Die Mädchen gingen zur Schule und wuchsen heran zu ganz normalen Schweizer Teenagern. Dass sie anders waren, merkten sie nur, wenn ältere Leute sie «Mohrenkopf» nannten. Den jungen Leuten hingegen sei ihre Hautfarbe immer egal gewesen, sagen die zwei Schwestern heute.
Eines Tages stand unangemeldet der Vater vor ihrer Haustür, den sie seit 20 Jahren tot geglaubt hatten. Auch er war schwer krank und wurde wieder gesund. Seither lebt die Familie vereint in Trimbach. Die zwei Schwestern sprechen lupenreines Oltnerdeutsch mit einem ganz kleinen Trimbacher Einschlag. Die ältere arbeitet als Verkäuferin, die jüngere geht noch zur Schule. Beide sind dankbar und glücklich, hier leben zu können. Sie haben Freunde, bezahlen Steuern und haben eine Menge vor im Leben.
So wie wir alle.
Alex Capus