«Sieht blöd aus»
Da sagt das Oltner Stimmvolk in einem Akt staatspolitischer Weisheit Ja zu höheren Steuern und harten Sparmassnahmen - und was machen die Mächtigen im Stadthaus drei Tage später? Sie beginnen mit der Renovation des Stadthauses für 13,5 Millionen Franken.
Das sieht jetzt natürlich blöd aus. Skilager werden gestrichen und die Stadtbibliothek kann keine Bücher mehr kaufen, aber im Stadthaus - wo die Leute sitzen, die den Schlamassel angerichtet haben - gibt’s neue Büros. Drei Tage nach der Abstimmung. Sieht wirklich blöd aus, so zeitnah. Schwer zu kommunizieren. Gibt böses Blut. Auch wenn nach dem Buchstaben des Gesetzes alles in Ordnung ist.
Wenn ich König von Olten wäre, würde ich die Renovation ein bisschen verschieben und vorher ein paar andere Sachen machen. Bäume schneiden vielleicht. Die entlassenen Logopädinnen wieder einstellen. Abgeschraubte Parkbänke wieder montieren.
Irgendwann müsste man das morsche Stadthaus dann doch instand stellen, schon klar.Womöglich würde dann alles ein bisschen teurer werden. Aber es würde weniger blöd aussehen, das wäre auch Geld wert. Wir Oltner wären oft froh, wenn gewisseDinge ein bisschen weniger blöd aussähen.
Man kann jetzt einwenden, das sei Populismus, wenn man auf den blossen Schein der Dinge schielt. Aber Symbole sind wichtig. Wenn zum Beispiel in der Badi und bei den Museen die Eintrittspreise massiv steigen, die städtischenAngestellten aber weiter nur die Hälfte oder gar nichts bezahlen, so ist das ein Symbol - und zwar eines, das blöd aussieht.
Der Stadtschreiber ist nicht dieser Ansicht. Er sieht keinen Grund, von den Privilegien seiner Kaste abzurücken. Wegen der halben Badi-Tarife, so sagt er im Tagblatt, entgehe der Stadtkasse vermutlich nicht sehr viel Geld. Und ins Museumgehe sowieso keiner.
Der Stadtschreiber kennt seine Pappenheimer gewiss am besten. Man will ihm gern glauben, dass städtische Angestellte nichtschwimmende Kulturbanausen sind.
Aber blöd sieht’s doch aus. Man müsste da was machen. Allein schon wegen der Symbolik.
Alex Capus
