«Schwester, Schwester!»

Kürzlich im Coop City hat mich wieder mal einer zusammengepfiffen, weil ich ineiner Kolumne «mongoloid»geschrieben hatte. «Mongoloid» darf man nicht mehr sagen, weil es die Mongolen diskriminiert oder so.

«Down Syndrom» darf man aber auch nicht mehr sagen, weil das irgendwie nach abwärts klingt. Man muss jetzt «Trisonometrie 21» sagen. Das klingt zwar nach Geometrieunterricht und sonst nach gar nichts. Aber geradedeshalb hat wohl noch niemand einen Anlass gefunden, auchdiesen Begriff zu verbieten.

Mir gefällt das nicht. Ich glaube nicht, dass wir der Erniedrigung von Menschen beikommen,indem wir Wörter verbieten.Diskriminierung ist ein gesellschaftliches Problem, kein sprachliches. Deshalb wird man am Tag, an dem die Menschen weiblichen Geschlechts wirklich gleichberechtigt sind, ein Fräulein wieder als Fräulein und ein Weib wieder als Weib bezeichnen dürfen, wenn es eines ist.

Ehrlich gesagt wünschte ich mir auch, dass man Menschen dunkler Hautfarbe wieder kurz und bündig mit dem klassisch lateinischen Wortstamm bezeichnen dürfte. Und ich selbst würde mich ganz gern als Bleichgesicht bezeichnen, was ich die meiste Zeit des Jahres ja wirklich bin.

Die Dame, die bei mir sauber macht, bezeichne ich mit allem Respekt als meine Putzfrau und nicht als Raumpflegerin. Und wenn in meinem Haus etwaskaputt geht, rufe ich nicht den «Haustechniker», sondern den Spengler, den Elektriker oder den Heizungsmonteur.

Und wenn ich eines Tages im Spital auf mein letztes Stündlein warte und gern eine allerletzte Dosis Morphium hätte, dann möchte ich der guten Fee in Weiss «Schwester, Schwester!» zuröcheln können und nicht «Pflegefachfrau, Pflegefachfrau!»

Alex Capus

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