Schon schön
Ich schaue aus dem Tessiner Häuschen auf das weisse Bergpanorama. In der Ferne zieht der Nebel langsam in meine Richtung und im Kamin lodert leise das Feuer, das uns in diesen Tagen wärmt. Der Schnee fällt seit zwei Tagen glitzernd vom Himmel und hüllt die Umgebung in ein weiches Weiss. Hier bauen wir mannshohe Schneefrauen und sind damit nicht die einzigen. In den Instagram-Stories sehe ich meine Freunde und Bekannte Ski fahren, sie machen lange Spaziergänge, bauen Schneebars und Iglus und heizen mit den Boards über die Pisten. Die kalten Flocken schaffen es sogar nach Olten und stillen im Gheid während der Abenddämmerung das Fernweh. Lappland in Olten.
Strahlende Kinderaugen auch beim morgendlichen Blick aus dem Fenster. Während sich die Kleinen aufs Schlittenfahren auf dem Hauen- oder Weissenstein freuen und sich in die Schnee-anzüge werfen, würden die Blicke der Erwachsenen auch mal besorgt zum Fenster wandern: «Komme ich mit Bus, Bahn und Auto pünktlich zur Arbeit? Hoffentlich sind die Wege frei und gestreut und oh, ich sollte vielleicht fürs Grosi den Einkauf erledigen.» Nicht in diesem Winter.
Die Home-Office-Empfehlungen und -Pflichten sorgen dafür, dass der Weg zur Arbeit für viele entfällt und nur bis zum eigenen Schreibtisch führt. Die Wege legen wir beim Spazieren ohne Zeitdruck und in Winterbekleidung zu Fuss zurück, und der Einkauf fürs Grosi ist schon länger Teil des Alltags. Nach allem, worauf wir im vergangenen Jahr gern verzichtet hätten, sorgt die aktuelle Situation also vielleicht doch für ein paar positive Lichtblicke: für ungetrübte Freude über das glitzernde Weiss in der Luft. Schon schön, dieser Winter.