Sändele
«Stell dir vor, 250 Tonnen Sand karren die in die Kirchgasse», sage ich zu meinem Gatten, aus der Zeitung zitierend. «Sand wozu?», antwortet er, «was wird denn gebaut?» «Es ist doch wieder Beachtour in Olten», erkläre ich. Mein Gatte brummt etwas Unverständliches - Beach-Volleyball interessiert ihn nur mässig. Ich selber finde «richtiges» Volleyball zwar spannender – aber die Unterlage bei der Beach-Variante hat es mir angetan: Ich staune jedes Jahr aufs Neue, wie sich die Kirchgasse Mitte Juni für drei Tage in einen riesigen Sandkasten verwandelt. Am liebsten würde ich dann jeweils die alten Sandförmchen unserer Kinder aus dem Keller holen und nach Herzenslust «Sändele».
Nur dass das gar nicht ginge: Beachvolley-Sand ist nämlich kein gewöhnlicher Sand, habe ich mir sagen lassen. Es sind Quarzkörner erster Qualität, im Durchschnitt nur einen Drittel Millimeter gross, mit abgerundeten Kanten; dazu mehrfach gewaschen und von allem Dreck befreit, entschlämmt und nach irgendeiner Norm und vielen Ziffern zertifiziert. Sand so fein wie Butter. Für kindliches Sandkuchenbacken ist dieser Wundersand völlig ungeeignet. Sein Zweck erfüllt sich darin, kräftigen Sportlerbeinen eine ideale Trittablage zu gewähren, welche die Haut an Füssen, Knien oder Ellbogen vor Abschürfungen verschont. Nach dem Turnier werden die 250 Tonnen restlos verkauft – an Badeanstalten, Reitställe oder Sportplätze. Die Nachfrage sei riesig.
«Vielleicht hätten wir unseren Sandkasten damals doch nicht aufgeben sollen», sage ich seufzend, mit einem wehmütigen Blick auf die Stelle im Garten, wo wir inzwischen ein Blumenbeet angelegt haben. Mein Gatte legt sein Buch nieder und schaut mich fragend an.