Preisverdächtig
Einen Preis zu erhalten, bereitet Freude und zeigt, wo man steht. Eine besondere Auszeichnung ist der Wakkerpreis. Der Schweizer Heimatschutz ehrt damit Gemeinden für beispielhaften Ortsbildschutz. Anstrengungen für den Erhalt historisch gewachsener Ortskerne und Altstädte werden ebenso gewürdigt wie die Aufwertung und Weiterentwicklung der Ortsbilder. Preisträger dieses seit 1972 verliehenen Oskars des Heimatschutzes sind Städte wie Aarau, Solothurn, Biel und GRENCHEN. Wie bitte? Ja, richtig gelesen! Olten wurde bis anhin schnöd übergangen. Trotz Millioneninvestitionen in Verkehrsberuhigungen und Strassensperren, hochgeschützter Altstadt, Ortsbildschutz, Stadtarchitekten und parallel zur Baukommission akribisch waltender Altstadtkommission. Wir Oltnerinnen und Oltner unterziehen uns freiwillig einem byzantinisch anmutendem Regime und werden dafür nicht einmal gelobt.
So spaziere ich grübelnd durch unser Städtchen, schaue mir die Fundamente der abgerissenen Arbeiterhäuschen an der Ziegelfeldstrasse an, die Baustelle vor dem Usego-Gebäude, gehe über die Citykreuzung, vorbei an der Swisscom im Hardfeld, hoch zur vom Rückbau bedrohten Steinmauer in der Hardegg, zurück durch die Winkelpassage und die leere Altstadt zum Stadthaus. Eigentlich sind, so sinniere ich, nicht erhaltene Preise fast kostbarer als erhaltene. Denn sie laden dazu ein, sein Tun kritisch zu hinterfragen. Wie stehts denn mit den gesetzten Prioritäten, der Verhältnismässigkeit der gefällten Entscheide, wie weit sind teergetränkte Eisenbahnschwellen Wakkerpreis-verdächtig, oder wäre eine Busse wegen unterlassenem Baugesuch im Einzelfall angemessener als eine Rückbauverfügung? Ich schaue an die schwarzen Fenster der Oltner Stadtverwaltung. Erleuchtung scheint mir da so weit weg wie der Wakkerpreis für unser Städtchen.