«Pon Ite»

Mein Nachbar Urs arbeitet in derAlpiq-Zentrale in Olten. Seit der Fusion gibt es dort ziemlich viele Romands, deshalb macht er jetzt einen Französischkurs in derMigros-Klubschule.

«Die Welschen mögen es nicht, wenn man sie auf Schweizerdeutsch anspricht», sagt er.«Wir sollen Hochdeutsch mitihnen sprechen. Aber eigentlich mögen sie auch das nicht.»

«Was mögen sie dann?»

«Englisch. Aber das können sie nicht. Am liebsten mögen sie’s, wenn man Französisch mit ihnen spricht.»

«Das kann man verstehen. Aber ich hätte gedacht, Ihr habt da jetzt grad andere Probleme bei Alpiq.»

«Du, Französisch ist eine saumässig komplizierte Sprache. Die Akzente und die Cédilles und die Bindestriche und all das…»

«Deutsch ist auch nicht grad simpel», sagte ich. «Und bis einer ordentlich Schweizerdeutsch kann…»

«Französisch ist viel komplizierter! Allein der verschnörkelte Satzbau. Es ist doch erstaunlich, dass das Mutterland der bürgerlichenRevolution noch immer eine derart feudale Sprache pflegt. Und seit den Tagen Ludwig XIV. kaum eine Entwicklung zugelassen hat.»

«Aber schön ist Französisch doch», sagte ich. «Die Sprache der Liebe, der Aufklärung, der Deklaration der Menschenrechte…»

«Für das braucht’s doch die Schnörkel nicht! Ich plädiere füreine sanfte Modernisierung. Den Accent grave, das égu und dasCirconflex könnte man weglassen, das würde dem Französischen nichts von seinem Charme undseiner Verständlichkeit nehmen.»

«Idee interessante», sagte ich versuchsweise auf Französisch. «Quoi d’autre ?»

«Wir schaffen das Apostroph und die unhörbare Endungen ab. Und der verschwurbelte Satzbau wird vereinfacht.»

«T a raison», sagte ich. «Et encore?»

«Wenn wir schon dabei sind, straffen wir auch das Alphabet. DieUnterscheidung zwischen D und T ist unnötig. T reicht. Das Gleiche gilt für P und B sowie Q und K.Y wird auch abgeschafft.»

«Pon ite», sagte ich. «Va egsplikersa a te collegue roma.»

Alex Capus

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