«Nachbarschaft (2)»
Anfang Juni fahre ich jedes Jahr nach Schweden an ein Rock-Festival. Gitarren-Urgesteine wie Judas Priest, Def Leppard oder Toto muss man noch sehen, bevor es zu spät ist. Jetzt ist Anfang Juni, also bin ich in Schweden, sitze in einem Wohnmobil auf dem Camping-Platz, während ich diese Zeilen tippe. Denn Deadline ist Deadline.
Eigentlich wollte ich über die Nachdenklichkeit, über die Melancholie schreiben, die der Sonntag als letzter Tag der Woche für mich besitzt. Und wollte dabei elegant überleiten zum Kabelbrand auf bzw. in der alten Brücke. Und von da zur Olten-Gruppe auf Facebook und dass wohl keine andere Stadt in der Schweiz eine solch lebendige Tratsch- und Klatsch-Plattform auf dem digitalen Netzwerk besitzt. Das war der Plan.
Nun aber sitze ich hier in Schweden. Mit unseren Nachbarn hab ich mich schon bekannt gemacht. Rechts von uns zwei Norweger, der eine heisst tatsächlich Knut. Links von uns ein Deutscher in einem selbst zur Unterkunft umgebauten Kleinbus.«So was Luxuriöses hab ich halt nicht», sagt er, als er unser Gefährt beschaut. «Man leistet sich ja sonst nichts», sage ich. «Musste ja kommen, dieser Spruch», sagte er.
Small Talk besteht aus Floskeln, zumindest zu einem grossen Teil. Jeder weiss es, niemand erwähnt es, das ist der Deal und das klappt normalerweise in Schweden genau so gut wie in Olten. Unser Nachbar mit seinen langen weissen Haaren aber scheint dies nicht gelten zu lassen. Er will richtig reden. «Wann habe ich dies das letzte Mal mit meinem Nachbarn gemacht?», frage ich mich. Und freue mich auf vier Tage spannende Nachbarschaft.
