«Nachbarn»
![Rhaban Straumann, Schauspieler, Satiriker und Autor.](/fileadmin/_processed_/c/5/csm_sao_2016-06-08_750_0900_831495_Straumann_c4fdd29249.jpg)
Meine ersten zwei Jahrzehnte Leben waren geprägt von viel Umzug. Die Liste besteht aus Solothurn, Olten, Aarau, Trimbach, Aarburg und Zofingen. In dieser Reihenfolge. An beiden letzteren Wohnorten verdächtig lange, wäre da nicht ein weiterer Umzug innerorts. Heimat ist für mich daher ein fremdes Ding. Oder zumindest relativ. Nie dachte ich, dass mir Nachbarschaft jemals was bedeuten würde. Inzwischen wohne ich seit mehr als anderthalb Jahrzehnt wunder- schön an der Felsenstrasse in Olten. Und lebe auch da. Von unserer Wohnung blicken wir über die Stadt, sehen Engelberg, Säli, Born und vor allem «de Maa vom Jura». Ich kann ohne zu übertreiben sagen, dieser Ausblick ist schön. Die Mischung an der Felsenstrasse mit anliegenden Gärten ist beinahe so wie er sein sollte. Alle Generationen sind vertreten, junge Familien und Kinderlose wie wir. Geschiedene, Getrennte und frisch Verliebte, Secondos mit Eltern und Eltern, deren Kinder schon länger flügge sind. Manche grüssen sich, andere nicht. Die Apéros auf der Strasse sind bald einmal legendär. Bestimmt. Kurz, es ist gut. Und da ich vor nicht allzu langer Zeit in einem Trockensteinmauerbaukurs war, hatten wir in unserem Garten für ein paar Wochen eine grössere Baustelle. Dabei standen wir unter Beobachtung. Offensichtlich. Denn die Nachbarschaft reagierte prompt. Positiv. Von angrenzenden Gärten und Balkonen wurde kommentiert und gelobt, hier ein «oho», da ein «bravo». Wir wurden mehrfach eingeladen und bekocht, hatten viele gute Gespräche und erlebten fabelhafte Abende. Was gut war, steigerte sich. Echt. Mit derart viel Glück kann ich schier nicht umgehen. Nachbarschaft kann so schön sein.