Mehr Empathie
Am Montag, unterwegs nach Kestenholz. Rechts und links der Mittelgäustrasse fallen mir alle paar 100 Meter grossflächige Plakatwände ins Auge. «Menschen diskriminieren? Nein», steht da in fetten Lettern. Darüber thront eine erhobene Hand in Rot und signalisiert: «Stopp!» Es ist die Nein-Kampagne zum Covid-Gesetz, über das am 28. November abgestimmt wird. Mir beginnt der Kopf zu surren, mein Magen verkrampft sich. Und ich denke: «Wer diskriminiert hier wen?»
Die Kampagnen-Macher scheinen auszublenden, dass die Welt seit über anderthalb Jahren in einer Pandemie feststeckt, und dass das Covid-Gesetz vor deren Folgen schützen will (zum Beispiel wirtschaftlichen Ruin). Sie sind offenbar der Meinung, mit einem Referendum lasse sich ein fieses Virus mir nichts, dir nichts aus der Welt schaffen – ohne Rücksicht auf all das Leid, das Covid-19 angerichtet hat und noch immer anrichtet. Weil sich das Virus weiterverbreiten und mutieren kann; weil sich noch immer zu wenig Menschen dagegen immunisieren; weil den Massnahmen-Gegnern ihre «Freiheit» wichtiger ist?
Ich denke an die weltweit fünf Millionen Toten, die Covid-19 bislang gefordert hat, an die zahllosen Betroffenen – unter ihnen viele Junge –, die an Long Covid leiden und drastisch eingeschränkt sind, möglicherweise für immer. Ich denke an die vielen Immunsupprimierten wie zum Beispiel meinen MS-kranken Cousin, oder an einen guten Freund, der an Krebs erkrankt ist und gerade eine Chemo durchmacht. Ich denke an meine betagten Eltern, deren Immunschutz der Impfung vielleicht schon nachgelassen hat.
Und ich legen Ihnen ans Herz, wenn Sie Ende November abstimmen: Etwas vom Wichtigsten beim Umgang mit Covid-19 ist die Empathie.