Mehr als nur eine Phase
Der erste Abend der letzten Woche und die Polizei schaut vorbei. Sie kommen in der grauen Limousine, aber die Uniformen tragen sie. Ein Nachbar habe angerufen, sagen sie, es sei zu laut. Es ist halb elf. Ich sage ihnen, dass im Sommer in Olten die Nachtruhe erst um 23 Uhr beginnt. Das wissen sie nicht. Ebenso wenig, dass es das Coq d’Or nächste Woche nicht mehr geben wird. Sie notieren sich beides. Sie seien halt nicht von hier.
Ich kann nicht genau sagen, wie viele Lärm-Bussen wir in den letzten elf Jahren gesammelt haben. Sie reichen dafür, dass ein paar Polizisten mich mit Namen grüssen, wenn ich auf der Strasse ihren Weg kreuze. Ungewöhnlich ist das nicht. Im Nachtleben kommt man zwangsläufig mit der Staatsgewalt in Kontakt. Lärmklagen, aber auch Menschen, die nach ein paar Bier nicht mehr wissen, wie sie sich verhalten sollen. Oder Vandalismus, eingeschlagene Fensterscheiben. Die Nummer des Glasers habe ich abgespeichert.
Laut, ausschweifend, nicht immer ganz kontrollierbar und das alles bis spät in die Nacht – was für die einen den Reiz ausmacht, ist für die anderen vor allem eines: störend. Und dann nennen die das alles auch noch Kultur!?
Als ich als Teenager begann, mit langen Haaren und schwarzen Heavy Metal-Shirts rumzulaufen, hoffte meine Grossmutter darauf, das wäre nur eine Phase. Manchmal hab ich das Gefühl, beim Nachtleben verhält sich die Gesellschaft ähnlich. Das geht dann schon vorbei, hofft sie, und will nicht verstehen, dass bei Rock, Rap oder Techno Lautstärke und Rausch nicht einfach ein Nebenprodukt, sondern Teil dessen sind, was diese Kultur ausmacht. Und das Nachtleben ein Teil davon, was eine Stadt ausmacht. Nicht für alle, aber doch für viele und mit denen feiern wir dieses Wochenende noch ein letztes Mal, denn für die nehmen wir das alles in Kauf.