«La Paloma Olé»
Olten ist bekanntlich umgeben von Kleinstädtchen ganz ähnlicher Bauweise. Aarau, Liestal, Brugg, Zofingen, Solothurn, Baden, Langenthal… fundamentale Unterschiede gibt es da kaum. Inetwas weiterem Umkreis gibt es ein paar weitere Kleinstädte, die sindetwas grösser. Aber nicht viel.
Letzte Woche war ich beruflich in der Kleinstadt Zürich, die malerisch zwischen Oerlikon und Dietikon gelegen ist. Dort hat man einen alten ostdeutschen Hafenkran am Dorfbach aufgestellt. Und weil monatelang so einGeschrei darum war, habe ich mir den Kran jetzt mal angeschaut und muss sagen: Den habe ich mir aber grösser vorgestellt. Wozu die Aufregung?Ist doch nur ein Kran. Nicht gerade gross. Der überragt gar nichts. In jeder norddeutschen Kleinstadt stehensolche Kräne.
Man muss Zürich verstehen. Die Stadt ist klein und ein bisschen ab der Welt, wäre aber gern furchtbar gross und weltläufig. Deshalb nennt sie sich «Downtown Switzerland» oder «Kleinste Grossstadt der Welt»,was natürlich beides albern ist.
So richtig maritim und hochseetauglich wäre das Alpenstädtchen auch sehr gern. Junge, komm bald wieder, la paloma olé. Deshalb der Kran.Und als ob der noch nicht alberngenug wäre, hat man nun auch noch ein Schiffshorn aufs einzige Hochhaus geschraubt. Das soll jetzt furchtbar laut tuten.
Es ist sonderbar, dass viele Städtegenauso sein möchten, wie sie eben nicht sind. Zürich möchte gern New York sein, oder wenigstens Hamburg. Das bieder-alemannische Solothurn wäre gern sündig-exotisch wie, sagen wir, Buenos Aires. Das stets im Abseits stehende Zofingen trauert den Tagen nach, da es als Hauptstadt der Schweiz im Gespräch war. In Brugg hingegen wäre man schon froh, wenn man Aarau sein dürfte. Und in Liestal weiss man nur eins: dass man nicht Basel ist.
Wir Oltner sind da bescheidener: Wir sind nicht mal sicher, ob wir nochOlten sind. Aber immerhin stellen wir keine Hafenkräne auf. Was wären wir gern, was wir ganz sicher nicht sind? Vielleicht Bologna. Oder Vancouver. Oder Pontresina.Alex Capus