«Kürzungen»

Seit in Olten die Stadtkasse leer ist, blühen Kunst und Kultur wie schon lange nicht mehr. Musiker und Schauspieler gehen auf die Strasse, um sich zu produzieren und gegen Subventionskürzungen zu protestieren. Literaten dichten und slammen, was das Zeug hält, die Fussgängerzone ist voller Theaterleute und Performance-Künstler. Sogar das Kunstmuseum öffnet geradezu seine Tore.

Schön ist das. So sollte es immer sein. Und nicht nur, wenn Subventionskürzungen drohen.

Es ist ein interessantes Phänomen, dass Geldmangel offensichtlich Kreativität freisetzt. Vielleicht liesse sich dies auch in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens nutzbar machen. Die Herrschaften von der städti-schen und der kantonalen Verwaltung zum Beispiel, die inihren Adiletten so provozierend gemächlich über den Nadelfilz schlurfen können auf dem Rückweg vom Kaffeeautomaten zuihrem Sitzplatz: Wer weiss, zu welch sportlichen Höchstleist-ungen die plötzlich fähig wären?

Auch an der Spitze der Politik wäre denkbar, dass finanzielle Anreize belebend wirken. Der Oltner Stadtpräsident ist einer der besserverdienenden in der Schweiz, er bekommt mehr Geld als seine Amtskollegen in Bern oder Aarau. Dieser Tage nun hat er eine Task Force mit lokalen Klugdenkern zusammengestellt, die ihm Ideen liefern sollen für den Rest der Amtsperiode.

Als Steuerzahler kann man da schon ins Grübeln geraten. Sollte einer nicht schon vor der Wahl ein paar Ideen haben, wenn er nach der Wahl 220’000 Franken verdienen will? Andrerseits wird keine Idee von ausnahmslosallen Stimmbürgern gutgeheissen, ein paar Kritiker gibt esimmer. Wer also bei Wahlen gut abschneiden will, sollte möglichst wenig Ideen und Visionen haben. Das leuchtet ein.

Aber jetzt ist der Stapi ja gewählt und bis zu den nächsten Wahlen dauert’s noch lang, da kann er sich schon ein paar Ideen leisten. Wer weiss, wie kreativ er plötzlich würde, wenn man ihm genauso wie den Kunstbeamten das Gehalt um zehn oder zwanzig Prozent kürzte.

Alex Capus

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