«Kommunist»

«Dass Sie mit demCapus überhauptreden - der ist doch ein Kommunist!» sagte kürzlich die eine Dame zur anderen, nachdem sie beobachtet hatte, wie die andere auf dem Rückweg vom Postamt mit mir auf dem Trottoir ein morgendliches Kleinstadt-Schwätzchen gehalten hatte.

Als mir die andere Dame das berichtete, habe ich mich herzlichgefreut. Eine richtige Kommunistenfresserin, dass es so etwas noch gibt! Ich hatte gedacht, die seien ausgestorben, zusammen mit den Kommunisten und dem Milchmann und dem Trio Eugster.

Man vergisst ja gern, was für ulkige Typen im letzten Jahrhundert das Strassenbild prägten. Als ich ein kleiner Junge war, waren Senioren noch nicht gleitschirmfliegende Spassvögel mit lila gefärbtenHaaren, sondern grimmige Glatzköpfe mit Hut und ausgebeulterAktentasche, die einem den Stock in die Speichen streckten, wenn man mit dem Velo durchs Fahr-verbot fuhr. Und im Aufzug des Kaufhauses Victor Meyer gab eseinen ungarischen Adligen, der den ganzen Tag auf einem Schemel sass und seine Fahrgäste vornehm nach der gewünschten Etage fragte, um dann mit aristokratisch gerecktem Zeigfinger den richtigen Knopf zu drücken. Das war die Zeit, da im Kantonsspital noch geraucht wurde und man die Stadtpolizisten noch mit Namen kannte, was beides nicht unbedingt eine gute Sache gewesen sein muss. Und die Spieler des EHC Olten hiessen noch Friedli und Böni und arbeiteten wochentags als Spengler oder Elektromonteure.

Übrigens kannte man damals auch die Geheimdienstleute noch mit Namen, weil sie ihre Geheimen Dienste eher ungelenk verrichteten. Man konnte sie manchmal beobachten, wie sie an der alten Aarauerstrasse vor dem Büro der kommunistischen Poch vorbeischlichen und die Müllsäcke klauten, um sie auf staatsfeindliche Dokumente zu durchwühlen…. ach, die gute alte Zeit! Man möchte sie nicht zurück haben.Alex Capus

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