Klatsch und Tratsch
Als Journalistin bin ich viel mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Und so stand ich kürzlich am Bahnhof in Olten und wartete auf meinen Zug. Es war kalt, also ging ich in den Kiosk, um die paar Minuten zu überbrücken. Ich schlenderte durch die Regale und blieb bei den Zeitschriften stehen. Fast alle waren sogenannte «Klatschzeitschriften». Ich las die Titel, die spekulierender, provozierender und spektakulärer nicht sein konnten. Da wurde Drama versprochen, wo keines ist. Da wurden «Geheimnisse» gelüftet, wo es gar keine gab. Mir kam der Gedanke: Es muss ja ein Interesse an dieser Lektüre geben, sonst wären diese Klatschblätter schon längst eingestampft worden. Ich möchte an dieser Stelle keinem, der diese Hefte kauft, zu nahetreten. Auch ich blättere im Wartezimmer der Arztpraxis in solchen Zeitschriften und lese gebannt, was ich nun wohl Spektakuläres erfahren werde. Als Journalistin ist mir bewusst, dass eine Geschichte gut verkauft werden muss. Jeder Medienschaffende möchte, dass die eigenen Texte gelesen werden. Da wird schon mal zugespitzt formuliert oder Fragen in den Raum gestellt, auf die auch der Schreibende keine Antworten liefern kann. Als ich nach wenigen Minuten den Kiosk verlassen hatte, blieben meine Gedanken aber noch an den Zeitschriften hängen. Ich fragte mich: Warum wird immer das Leben anderer als so spannend und spektakulär dargestellt? Jedes Leben ist ein Abenteuer – mit Aufs und Abs. Jedes Leben ist erzählenswert. Auch wenn wir uns das manchmal gar nicht bewusst sind. Umso schöner fände ich es, wenn wir uns weniger vom Tratsch von Klatschzeitschriften einwickeln lassen und stattdessen von unserem Leben erzählen würden. Denn das ist genauso spannend, chaotisch, lustig und auch traurig wie jene von Adligen und Promis.