Keine Privilegien!
Das Jubiläum zu 50 Jahre Frauenstimmrecht ist vorbei, aber das Echo hallt gewaltig nach. «Es gibt noch viel zu tun!» «Frauen sind mitnichten gleichberechtigt!» «Es braucht mehr Unternehmerinnen, Astrophysikerinnen, Gemeindepräsidentinnen!» Kurz: mehr Frauen!
Dieser Ansicht ist auch die SP Olten. Die Partei will bei den Gemeinderatswahlen im April nicht nur «mehr Frauen», nein, sie will die Frauenförderung forcieren: KandidatINNEN sollen doppelt auf die Wahlliste. Es treten zwar gleich viele Frauen wie Männer an, nämlich je 13 Kandidierende. Aber um die 40-er-Liste zu füllen, gewähren die Sozialdemokrat*innen den Frauen einen Doppelplatz.
Die Motive sind durchaus edel: Man wolle den neunantretenden Frauen echte Wahlchancen einräumen, den «Bisherigen-Bonus» ausgleichen – sieben von acht wieder Antretenden sind Männer. Es sei «die Pflicht der jahrzehntelang Übervorteilten, kürzer zu treten», schreibt einer von ihnen.
Die Kandidatinnen lassen sich das gefallen – doch hinter den Kulissen rumort es. Was ist mit den neuantretenden Männern? Was mit den Seniorinnen und Senioren? Wo bleibt die Doppelnennung der Migrantinnen und Migranten, oder die der LGBTQ-Community, die ja vielleicht auch angemessen vertreten sein möchte? Es ist die Krux, welche die belgische Politikwissenschaftlerin Chantal Mouffe treffend beschreibt: Basiert die Inklusion einer bestimmten Gruppe auf Privilegien, werden andere Gruppen automatisch ausgeschlossen. Mouffe nennt dies den Beginn der Polarisierung – und das sei undemokratisch.
Wäre ich Oltnerin, ich möchte nicht dank eines Privilegs gewählt werden. Frauen sollen weiterkämpfen, das ja – aber mit gleich langen Spiessen. Immerhin meint es die SP freundlich.