«Kein Nebel»

Jetzt ist schon Ende November, und wir haben in Olten noch keine einzige Stunde Nebel gehabt. Ich meinerichtigen Nebel, nicht diese tief hängende Wolkendecke, die man heutzutage als Nebel bezeichnet - echten Oltner Bodennebel, wie wir ihn im letzten Jahrhundert kannten. Nebel, der so dicht war, dass man die Türme der Stadtkirche,das gegenüberliegende Aareufer und oder das Ende der Altstadtgassen nicht sehen konnte. Das feine Weiss milderte alles Grelle und Laute, sanft und still wurde die Welt. Kaum hörbar brummten die Autos vorbei, die Ampeln leuchteten rosa und lindengrün.

Diesen Nebel gibt es nicht mehr, heute haben wir ganzjährig klare Bodensicht. Mir fehlt der liebeNebel. Wohin ist er verschwunden?

Er ist mit der Industrie verschwunden, mit der Portland-Cement,der Giroud-Olma und der von Roll. Diese hatte durch ihre Schlote Russ- und Staubteilchen in die Luft gestossen, an denen sich Wassertröpfchen bildeten, wenn die kühle Herbstluft die Feuchtigkeit nicht mehr hielt. Diese Fabriken wurden geschlossen, die Luft ist sauber geworden. Auch den «Kohlen-Moser» gibt es nicht mehr. Und woraus schliesslich sollte, da nun auch alle Wiesen zubetoniert sind, «der weisse Nebel wunderbar» aufsteigen, wie Matthias Claudius ihn besang?

Wir Oltner haben den richtigenOltner Nebel schon vergessen, nur die Nicht-Oltner erinnern sich noch an ihn. In Zürich, Bern und Basel, sogar in Aarau spricht man uns ausdauernd und verlässlich aufs Oltner «Nebelloch» an.Ich sage dann jeweils: Schön wär’s. Aber wie hoch lag der Nebel in diesem November? Nie tiefer als 800 bis 1200 Meter über Meer. Viel zu hoch jedenfalls, da liegen wir alle gemeinsam drunter, von St. Gallen bis nach Genf.

So hoch oben ist das kein richtiger Nebel, nur eine tief hängendeWolke. Ich hätte den Nebel lieber unten. Das hatte nämlich seinen Zauber, als die Wolken noch am Boden auflagen.Alex Capus

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