«In der Schulküche»
![Irène Dietschi, Journalistin. (Bild: Daniela Friedli)](/fileadmin/_processed_/f/3/csm_sao_2015-06-17_750_0900_303431_Dietschi_1_ba86c7bb58.jpg)
Das Oltner Hübelischulhaus ist bei mir mit nostalgischen Erinnerungen besetzt: Hier habe ich kochen gelernt. Es war das Jahr 1979, und wir Viertgymelerinnen liessen uns von Fräulein Schürch in die Geheimnisse der Schweizer Küche einweisen. Plätzli im Saft und Blumenkohl mit Vinaigrette-Sauce, Kalbshaxen mitRisotto milanese und grünemSalat, Schmorbraten und Apfelwähe und vieles mehr, an Weihnachten gar ein Lebkuchenhaus.
Fräulein Schürch war eine stattliche Person, die grossen Wert auf ihre Erscheinung und auf das Einhalten ihrer Instruktionen legte. Einzig beim Kartoffelstock liess sie uns gewähren. Diesen habe ein «echtes Schweizer Mädchen» im Blut, fand sie. Während wir die Mittwochnachmittage so verbrachten, tigerten die Buben unserer Klasse ums Hübelischulhaus – bis sie eines Tages, bewehrt mit einem Sträusschen,an die Küchentür klopften und so einen Weg an den Esstisch und in Fräulein Schürchs Herz fanden. Nichts deutete in diesen behaglichen Stunden auf die Umwälzungen hin, welche die Hauswirtschaft (und nicht nur sie) in den «wilden Achtzigern» (M. Horx) erfassen sollten.
Neulich war ich für die Pädagogische Hochschule FHNW wieder einmal im Hauswirtschaftsunterricht, bei einer 3. Sek in Münchenstein. Das Fach heisst nach Lehrplan 21 «Wirtschaft, Arbeit, Haushalt». In den drei Unterrichtsstunden chlöpften die Jungs und Mädels nicht nur ein schmackhaftes Drei-Gang-Menü auf den Tisch – sie hatten auch noch Zeit zum Experimentieren und Lernen. Die Jugendlichen sollen «fit für den Alltag» gemacht werden, erklärte mir die junge Lehrerin, die derzeit ihren Master macht. Ich war ganz begeistert. Ob es Fräulein Schürch auch gefallen hätte?