Immer diese Schwerkraft

Urs Bloch, Mediensprecher.
Urs Bloch, Mediensprecher.

Manchmal gibt es diese Momente der Neugierde, in denen man andere Personen beobachtet, die sich in der Nähe aufhalten. Ich sah also neulich diese junge Frau, die am frühen Abend den Oltner Föhrenweg hinunter-stakste. Zigarette in den Mund, Feuer an und die leere Zigarettenschachtel schwups auf den Boden. Immer diese Schwerkraft, alles strebt zu Boden, dachte ich und rief der Frau zu: «Hallo, Ihnen ist da was runtergefallen!». Keine Reaktion. Deshalb noch einmal: «Sie haben etwas verloren». Doch die junge Frau ging unbeirrt ihres Weges. Vielleicht dachte sie «Sei doch still, Alter» oder sie hörte mich gar nicht, weil sie diese weissen Dinger im Ohr hatte. Seit die Menschen sesshaft wurden, gibt es Arbeitsteilung. Das dachte sich wohl auch diese Raucherin: «Ich lasse meine Schachtel fallen, ein anderer räumt den Dreck dann weg. Wo ist das Problem? Ohne mich hätte dieser unbekannte Soldat der heldenhaften Abfallentsorgung gar nichts zu tun und wäre vielleicht arbeitslos.» Die Frau liegt voll im Trend, wir verlernen zunehmend, Verant- wortung für die Folgen unseres Verhaltens zu übernehmen. Sei es im Grossen oder im Kleinen. Weil unsere Arbeits- und Lebenswelt immer kleinteiliger wird, verlieren wir den Blick fürs Ganze und sagen immer öfter: «Geht mich nichts an». Für Tätigkeiten, die früher eine Person ausübte, sind heute fünf Personen zuständig. Auch Angestellte, die nicht in einer Fabrik arbeiten, üben vermehrt Tätigkeiten aus, die der Fliessbandarbeit ähneln. Büchse von links nehmen, Deckel drauf und nach rechts weitergeben. Dabei gilt nur noch Schema F und nicht mehr der gesunde Menschenverstand. Geht etwas in die Hosen, ist ohnehin der andere schuld – oder die Schwerkraft.

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