«Hillary»
![Irène Dietschi, Journalistin. Daniela Friedli)](/fileadmin/_processed_/b/7/csm_IreneDietschi_Kolumne_02_f4e3b73778.jpg)
«Na, willst du Präsidentin werden?», fragt mein Gatte mit Blick auf meine Lektüre. Stirnrunzelnd blicke ich auf. «Nein. Hillary Clinton will das werden», erwidere ich lakonisch, «Präsidentin der USA.» Aber mein Gatte, der im Unterschied zu mir selten etwas ernst nimmt, ist schon mit der Kaffeemaschine beschäftigt.
Ich wende mich wieder dem Oltner Tagblatt zu und verliere mich in den Einzelheiten von Hillarys Kampagne. Das an ein H gemahnende Logo mit dem nach rechts gerichteten Pfeil, so lese ich, hat Millionen von Menschen dazu verleitet, in den Sozialen Medien Kommentare abzugeben. Dieeine Hälfte sieht in dem H ein Gefängnis und interpretiert die Pfeilrichtung als politische Absicht Clintons, die Nation nach rechts zu führen. Andere jubeln, dass Hillary nach Jahrzehnten des Wartens noch immer den Ehrgeiz aufbringt, erste Präsidentin der USA zu werden. Wie unbeirrbar die Frau ist, denke ich, sich so weit aufs öffentliche Parkett zu wagen! Die immensen Gestaltungsmöglichkeiten – zum Preis des Dauerbeschusses. «Sich gegen Angriffe zu wehren hatkeinen Sinn», hat die frühereSP-Präsidentin Ursula Koch einmal gesagt. «Es gibt nur zwei Möglichkeiten, flüchten oder standhalten. Wenn man sich einmal entschieden hat, hält man stand.» Bekanntlich hat Ursula Koch es dann doch vorgezogen zu flüchten.
«Soll Hillary Präsidentin werden, ich fänd’s toll», sage ich zu meinem Gatten, während ich die Zeitung falte. «Ich für meinen Teil bin froh, wenn ich wenigstens zu Hause halbwegs die Oberhand behalte.» Leider hat unsere Zwölfjährige grad dieKüche betreten und den letztenSatz mitbekommen. «Träumweiter, Mama!», meint sie kopfschüttelnd und tätschelt mirdabei den Arm.