«Heller die Glocken..»

Olten ist traditionelleine katholische Stadt. Links derAare dröhnen dieGlocken der Martinskirche, rechts jene der Marienkirche, und zwarzu zahlreichen Gelegenheiten, die dem Laien nicht immer einsichtig sind.

Zweitens ist Olten eine protestantische Stadt. Nach der Industrialisierung sind viele Protestanten zugezogen und haben links die Paulus- kirche gebaut und rechts dieFriedenskirche. Den Protestanten liegt das Feiern und Dröhnen nicht so, das ist bekannt. Weil aber die anderen solchen Lärm machen, dröhnen sie halt nach Kräften mit.

Drittens ist Olten eine christkatholische Stadt. Die Christkatholiken haben vor hundert Jahren den Romtreuen die Stadtkirche weggenommen, seither sind sie am Aussterben. Bis es soweit ist, beweisen sie mit Glockengedröhn, dass es noch nicht soweit ist.

Viertens gilt in Olten die Trennung von Kirche und Staat. Das laizistische Gemeinwesen nimmt mit eigenen Glockentürmchen beimBifang- und beim Froheimschulhaus am interkonfessionellenWettbimmeln teil.

Fünftens ist Olten eine Eisenbahnerstadt. Wir Oltner glauben an Gott, unseren Stadtrat und die SBB. Glocken gibt es am Bahnhof keine, aber Lautsprecherdurchsagen.Die kann man durch die ganze Stadt bis hinauf an die Waldränder hören, und sie scheppern, als hätte die Hörtechnik in den letztenfünfzig Jahren keine Fortschritte gemacht - sie scheppern, mitVerlaub, wie die Lautsprecher des Muezzin auf dem Minarett derMoschee von Timbuktu.

In diese alltägliche Kakophonie stimmen auch die Klosterkirche, der Stadtturm und die Stadion-Speaker im Kleinholz ein. Gemeinsam machen alle einen Lärm,für den unsereiner ins Gefängnis müsste. Man muss tolerant sein,sage ich immer, jedem Tierchen sein Plaisirchen. Aber jetzt malehrlich, alle 100 Jahre wird man doch fragen dürfen: Muss es wirklich so furchtbar laut sein? Und so oft? So dauernd eigentlich? Rund um die Uhr? Ginge es nicht ein bisschen leiser? Und ein bisschen weniger oft? Wäre nach 100 Jahren Kampfgeläut ökumenische Stille nicht auch mal schön?Alex Capus

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