Hat Journalismus keinen Wert mehr?

Martina Huber, freie Wissenschaftsjournalistin. (Bild: Wayne Glettig)

Als Redaktionsleiter Achim Günter mir mitteilte, dass der Stadtanzeiger Ende Februar eingestellt wird und er und sein Redaktor Caspar Reimer die Kündigung erhalten haben, war mein erster Gedanke: «Es hört nicht auf!» Ich war enttäuscht. Wütend. Aber überrascht war ich nicht. Denn die Nachricht reiht sich nahtlos ein in die Mitteilungen der vergangenen Monate zum Stellenabbau im Journalismus: 140 Vollzeitstellen werden bei CH Media gestrichen, 40 Stellen bei ESH Médias in der Westschweiz, 80 Stellen bei Tamedia. 55 Kündigungen sind es bei Ringier. Der Entscheid des Bundesrates, die Radio- und Fernsehgebühren auf 300 Franken zu reduzieren, dürfte bei der SRG zu einem Abbau von rund 900 Stellen führen.

Sind die Leute sich bewusst, wie schlecht es um den Journalismus steht? Wie wichtig er ist für eine funktionierende Demokratie? Während im Journalismus seit Jahren gespart wird, Stellen nicht ersetzt werden und Honorare von Freien Journalistinnen und Journalisten sinken, bauen Ämter, Hochschulen und Unternehmen ihre Kommunikationsabteilungen aus. Geben Medienmitteilungen, Newsletter und oftmals auch eigene Magazine heraus, die man gratis abonnieren kann. Vielleicht werde auch ich eines Tages in der Kommunikationsabteilung einer Universität oder einer anderen Forschungseinrichtung landen. Entsprechende Stelleninserate schicken mir liebe Kolleginnen und Kollegen regelmässig zu. Da steht dann beispielsweise im Anforderungsprofil, gesucht sei «ein ausgeprägtes Problembewusstsein insbesondere hinsichtlich Reputationsrisiko in der Medienarbeit». Mein oberstes Ziel wäre dort nicht mehr, unabhängig zu berichten. Vielmehr müsste ich dort Texte schreiben, die meinen Arbeitgeber in einem möglichst guten Licht zeigen. Solange ich mir das noch leisten kann, möchte ich lieber Journalistin bleiben.

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