«Habseligkeiten»
![Urs Bloch, Mediensprecher.](/fileadmin/_processed_/9/9/csm_sao_2015-12-02_750_0900_565149_Bloch_a84a7a75c4.jpg)
Er geht mir nicht aus dem Kopf, dieser fremdländische Mann, der neulich barfuss in Flipflops durch den Berner Bahnhof ging. Bei 2 Grad Aussentemperatur. Man sieht in diesen Tagen viele seinesgleichen, die auffallen wegen ihrer unpassenden Kleidung. Sie haben sich im Spätsommer mit ein paar Hab-seligkeiten in einer Tasche dem grossen Strom angeschlossen - auf der Flucht vor Krieg, Perspektivenlosigkeit oder wirtschaftlicher Not. Auf den Winter bei uns sind sie nicht vorbereitet.
Auch in meinem Kopf trage ich derzeit ein paar gedankliche Habseligkeiten mit mir herum. Sie heissen Flucht, Terror, Klimaerwärmung, Weihnachten. Da passt einiges nicht mehr zusammen. Starke Kräfte reiben sich wie tektonische Platten, und wir erwarten gebannt das nächste Beben. Frühere Gewissheiten verflüchtigen sich wie Sand, der durch die Finger rieselt. Was gilt eigentlich noch?
Täglich erklären uns die Experten den Lauf der Dinge. Wir haben die Wahl zwischen Falken und Tauben, schauen durch die Brille der Philosophen, Strategen oder Ökonomen. Auch in den sozialen Medien wird kommentiert, voller Hass und Häme greifen die Eiferer in die Tasten. Sie haben ja immer schon vorausgesagt, was jetzt passiert.Da bleibt nur der Trost des grossen Helmut Schmidt: «Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.»
Die Welt liegt als Puzzle vor uns - in unzählige Teile zersplittert. Sie ist in ihrer Gesamtheit schier unerklärbar geworden. Wir schauen uns um, suchen verzweifelt das Gute und finden es ganz nah. Bei den Oltnern, die ohne viel Aufhebens Kleider sammeln, damit in diesen kalten Tagen kein Flüchtling barfuss in Flipflops gehen muss.