«Gestempelt»

Rhaban Straumann, Schauspieler, Satiriker und Autor.
Rhaban Straumann, Schauspieler, Satiriker und Autor.

Ist die Welt wirklich derart simpel gestrickt, wie wir manchmal glauben sollen? Verzeiht die Frage, aber offenbar gibt es Dinge, die darf man nicht, die soll man kritisieren: Sozialausgaben, Ausländer, Frauen, die IV, die Nationalbank, das Wetter und Olten. Und bitte stets mit voller Kanne an bösen Worten. Wehe dem aber, der es wagt, Dinge, einer mutmasslich nicht existierenden Liste von Tabus zu beanstanden. Das wäre als rede man über Geld. Schlimmer noch, du kriegst einen Stempel mit der Wucht eines Ambosses aufgedrückt. Wer nicht Freund tiefer Steuern ist, gilt als verrückt. Beanstande ich hohe Löhne, ist es Neid. Ein naiver Weltverbesserer ist, wer dasjenige System bemängelt, welches nichts an der aktuellen Verteilung von arm und reich, Hunger und Überfluss ändert. Kritisiere ich Solothurn, heisst es, ich hasse Solothurn. Nicht lobende Äusserungen über Berufskollegen soll Eifersucht sein, gucke ich mir den «Bestatter» nicht an, grenzt das an Verrat. Sage ich, wir leben über unseren Verhältnissen, bin ich ein Nest- beschmutzer. Wer nicht die SVP wählt, ist kein Schweizer. Moniere ich die Politik besagter Partei, werde ich zum Landesverräter. Beziehe ich Stellung gegen die Durchsetzungsinitiative, bin ich ein gutmenschlicher Freund krimineller Ausländer. Hallo! Wo bitte sind wir hier? Sind uns die bunten Grautöne abhanden gekommen? Klar, wäre die Welt wahrhaftig derart schwarz/weiss, hätte Sport wirklich nix mit Politik am Hut. Wäre es so einfach, würde es schwierig. Mir ist das eindeutig zu einseitig. Mensch hat mehr zu bieten. Doch hier werden Mauern hochgezogen, ohne zu wissen, woraus der Mörtel besteht. Das kann gefährlich werden.

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