Geschichten schreiben
Grau, verregnet, leer und ziemlich alle Türen geschlossen. Das war die Kirchgasse vor einem Monat. Ein paar Wochen später: Sonne über der Stadt, offene Türen und eine mit Gesprächen erfüllte autofreie Zone. Ich freue mich.
«Oh, woher hast du das Kleid? Das ist mega schön!» Bernheim ist meine Antwort. Sie ist überrascht. Ja, da gibt es auch was für Mittzwanzigerinnen. In meinem Regal reihen sich die Bücher vom Schreiber und der Klosterbuchhandlung. Cachet, Brocki, Bonehead ist eine meiner liebsten Routen.
Ich liebe Offline-Shoppen, gehe nur ungern und sehr selten online shoppen. Warum? Ich habe Angst. Angst, dass das Paket auf dem Weg verloren geht oder geklaut wird. Angst, dass die Kleidung, die ich über Stunden online zusammen gesucht habe, nicht passt, und Angst, dass ich dann zu beschäftigt bin, sie zurückzuschicken, mich umsonst auf das Paket gefreut und um die Entgegennahme gekümmert habe. Ich liebe es, dass mein Kleiderschrank Geschichten erzählt: «Das habe ich aus Olten, das aus meinem Lieblingsladen in Hamburg, und das Kleid habe ich in Montpellier in einer Boutique gefunden.» Zu jedem Teil eine Erinnerung, die ich beim Tragen wieder erlebe. Online mehr Auswahl? Vielleicht. Letztendlich hängt man aber auch hier bei den Grossen in der Suchmaschinen-Bubble fest und legt das nächste ähnliche, aber doch irgendwie andere Teil in den Warenkorb. In meiner Bubble gehe ich auf die Jagd nach kleinen Schätzen, die durch die Suche an Wert gewinnen. Und wenn auch diese liebsten Fundstücke irgendwann nicht mehr gefallen, ist das Schönste: ein Kleidertausch mit Freunden. Damit lassen sich Geschichten weitererzählen, anstatt sie zu beenden.