«Gerüchte (3)»

In Ergänzung meiner Saga über die Verkehrssünden von Oltner Würdenträgern darf ich heute vermelden, dass der Pfarrer zu Sankt Martin sich bei seinem ersten Führerscheinentzug juristischen Beistand bei einem jungen, möglichstkatholischen Rechtsanwalt holte - und dass dieser heute, um einige Jährchen gereift, das Amt des Stadtpräsidenten bekleidet.

Das ist zwar völlig ohne Belang und tut nichts zur Sache, aber wahr ist es immerhin. So richtig vergnüglich sind Gerüchte bekanntlich nur, wenn sie auch wahr und also streng genommen gar keine sind; andernfalls istdie Luft meist draussen, bevor welche drin war.

Eine gute Geschichte muss wahr sein, und Pfeffer muss sie auch haben.Zuweilen sticht sie dann dem einen oder anderen in die Nase - demHelden der Geschichte zum Beispiel, oder einem, der sich in ihr wiedererkennt. Ich muss da um Nachsicht bitten. Diskretion ist nicht meine Stärke.

Manchmal bin ich aber doch diskret, zuweilen über sehr lange Zeit, wenn es im Dienst der guten Sache ist. Viele Jahre lang habe ich zum Beispiel geschwiegen über die völlig hirnrissige Doppelreihe von geschätzten 100 Neonröhren, welche die Oltner Bahnhofbrücke auf Kniehöhe säumen und nichts weiter erleuchten als die Spinnweben im Geländer und das Mückengewimmel über der Aare. Kein Wort verlor ich über den Lichtsmog, der daran schuld ist, dass am Himmel über Olten kaum mehrgoldne Sternlein prangen.Warum schwieg ich? Weil ich bemerkt hatte, dass über die Jahre eine Neonröhre um die andere ausfiel - und nicht ersetzt wurde.

Vergnügt beobachtete ich das Eindunkeln. Das konnte kein Zufall sein, irgendwo musste ein Vernünftigersitzen, der das Problem ohne Aufheben aus der Welt schaffte. Also war auch ich diskret, kein Wort über Lichtsmog. Ich war guten Mutes, die Zahl der dunklen Röhren wuchs.

Aber jetzt - zack! sind alle Röhrenersetzt worden, die Brücke leuchtet wieder lückenlos. Die Vernunft hat verloren. Einmal mehr.

Alex Capus

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