Generation Nörgel

<em>Daniel Kissling</em>, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)
<em>Daniel Kissling</em>, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)

Ein langjähriger Stammgast steht am Tresen, das Bier in der Hand. «Eure Gäste werden auch immer jünger», brummt er. Ich schau mich in der Bar um. Im Schnitt sind die Leute an den Tischen, die Bier trinken und das Leben geniessen, wohl 10 Jahre jünger als ich. Trotzdem muss ich ihn korrigieren: «Unsere Gäste sind nicht jünger geworden, sondern wir älter.»

Dann dämmerts dir: Mit 31 bist du eigentlich kein Jungpolitiker mehr. Mit 31 haben manche Fuss- baller oder Skifahrerinnen ihre Karriere bereits beendet. Mit 31 hatte dein Vater schon einen
6 Jahre alten Sohn. Mit 31 bist du für 18-Jährige, die zum ersten Mal legal einen Schnaps bestellen dürfen, ein Erwachsener. «Grüezi! Haben Sie Tequila?», fragen sie dich dann und du zuckst zusammen ob dem «Sie», mit welchem sie dich so selbstverständlich ansprechen.
Und verlangst nach einem Ausweis.

Auch für die Jugendlichen, die derzeit freitags auf die Strasse gehen, bin ich wahrscheinlich nicht mehr «einer von ihnen». Auch wenn ich ihre Anliegen unterstütze, gehöre ich für sie zu einer anderen Generation. Zu jener Generation zum Beispiel, die sich auf Facebook noch hitzige Schlachten in den Kommentarspalten liefert und dort über die Klima-Streik-Jungen wettert.
«Die sollen lieber erst einmal arbeiten», kommentieren sie, «erst einmal erwachsen werden,
bevor sie die Welt retten wollen.»

Es ist verblüffend, wie verbittert, wie feindlich manche «Erwachsene» diesen Jugendlichen gegenüberstehen, die doch nichts anderes tun, als sich um ihre Zukunft zu sorgen. «Nur nicht so werden wie die», denke ich und bin doch froh, dass in meiner Bar die «Generation Klima-Streik» dieser «Generation Nörgel» deutlich überlegen ist.

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