Freiwillig in Olten

<em>Rhaban Straumann</em>, Schauspieler, Autor und Satiriker. (Bild: Anthony Troy)
<em>Rhaban Straumann</em>, Schauspieler, Autor und Satiriker. (Bild: Anthony Troy)

«Olten ist so schön, da kann ich mir nicht vorstellen, dass dort wer freiwillig lebt.» Das darf man sich auf der Zunge zergehen lassen. Langsam. Wie ein gutes Eis aus einer unserer wunderbaren Gelaterias, wo an einem schönen Sonntag die Menschen Schlange stehen. Kein Mensch soll hier freiwillig leben? Ist es zu schön hier? Natürlich ist das Gesagte mit Ironie zu verstehen. Dennoch schien es der Gesprächspartner ernst zu meinen. Werden rund 18’000 Menschen dazu verdonnert, in einer der hiesigen, fabelhaften Bars andere in Olten internierte Menschen zu treffen? Dazu gedrängt, in einem lokalen Restaurant vorzüglich zu essen? Genötigt, in einem wundervollen, kleinen Laden einzukaufen? Ist das reichhaltige Kulturangebot nur in Ketten zu geniessen? Und sind Auswärtige dort mit Fussfesseln anzutreffen? Wie lebt es sich unter Zwang? Das Eingangszitat fiel am Künstlertisch nach einem Auftritt auf dem Gurten für eine Solothurner Firma. Mein Bühnenpartner aus Bern konterte: «In Olten leben immerhin mehr Menschen freiwillig als in Solothurn.» Die Spitze sass, die Satire ist unser Beruf. Der Pfeil schoss am Ziel vorbei. Der Musiker erwiderte: «In Grenchen auch.» Oha! Wusste nicht, dass auch Grenchner es nötig haben, über die grösste Stadt des Kantons lästig zu lästern. Weil sie anders ist? Urbaner? Weil man sie nicht kennt? Wann hat das je ein Ende? Vermutlich nicht eher denn lokales Jammern nicht mehr ist. Wenn akzeptiert wird, dass unsere Probleme nicht exklusiv sind. Kritik hat Platz. Unbedingt! Olten ist nicht perfekt. Muss es nicht. Was keinesfalls bedeutet, dass es sich nicht noch steigern sollte. Dafür engagieren sich viele Menschen. Freiwillig.

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