Frauen*streik
Noch gut zwei Wochen, dann ist es soweit: der Frauenstreik. Der zweite in diesem Land nach 1991. Viele Frauen, sympathisierende Männer oder Angehörige von Minderheiten bringen sich in Stellung. In Komitees und Unternehmen, in Schulen oder als Individuen. An der Pinnwand einer Hochschule etwa: «Ich streike, weil dieses Semester kein einziger meiner Kurse von einer Dozentin unterrichtet wird.» Oder: «Ich streike, weil es noch immer keine Lohngleichheit gibt.»
Auch bei uns zu Hause stapeln sich Flyers und Stickers. Klar, dass die Mädels dabei sind. In Olten in der Kirchgasse, von zehn Uhr morgens bis halb drei Uhr nachmittags. Und dann mit dem Zug nach Solothurn zur Kundgebung. Mich fragen die Mädels: «Was ist eigentlich mit dir, Mama?»
Gute Frage. 1991 habe ich verpasst, weil ich im Ausland war. Ich habe es immer bedauert, nicht Teil dieser farbenfrohen Bewegung gewesen zu sein, die mit ihrem Slogan «Wenn Frau nur will, steht alles still» Geschichte schrieb. Doch: Ist 2019 noch die gleiche Geschichte?
In den knapp 30 Jahren seither hat sich für die Frauen vieles verbessert. Heute kümmern sich auch Männer um die Kinder. MeToo hat Frauen gelehrt, sich gegen sexuelle Übergriffe zu wehren. Und doch ist manches noch nicht gut: Macht ist mehrheitlich männlich; der Status vieler Frauen unscheinbar. Öffentliche Strukturen hinken unseren neuen Rollen und Identitäten hinterher. Und deshalb streike ich am 14. Juni: Weil der Staat in der Volksschule endlich Mittagstische einrichten soll; weil ich mich solidarisiere mit Frauen, die weniger privilegiert sind als ich; weil ich diesen Tag mit meinen Töchtern verbringen will. Und weil die Männer in der Kirchgasse pinkes Risotto kochen.