«Festivalklatsch»

Rhaban Straumann, Schauspieler, Satiriker und Autor.
Rhaban Straumann, Schauspieler, Satiriker und Autor.

Einmal im Frühling sah ich mir im gut besuchten Oltner Programmkino Lichtspiele einen Film an. Welchen, weiss ich nicht mehr. Es war ein Schweizer Film. Sie werden mir zustimmen, sobald Sie den Zusammenhang erkennen. Am Ende des Films applaudierte ein Herr zaghaft, stand auf und reklamierte ziemlich wirsch: «Bi eus z’Soledurn a de Föumtäg klatscht me nach em Föum.» Sagte es und zog von dannen. «Ich weiss, guter Mann», wollt ich rufen, «aber nur an den Filmtagen!» Ich tat es nicht. Weil, ich mag nicht, wenn Leute bloss gestellt werden. Auch wenn sie es selber schon zu genüge taten. Ich wage zu behaupten, der Herr war noch nie ausserhalb der Filmtage in einem Kino des Provinzhauptstädtchens. Denn da klatscht auch niemand. Doch, klatschen tun sie womöglich, es ist eine Kleinstadt, aber applaudiert wird da nicht. Ein Filmabend ist kein Festival. Genau dort liegt unter Umständen der Hund begraben. Festivals in Ehren, deren Beitrag für die öffentliche Wahrnehmung der Kultur ist immens. Ein Festival führt aber nicht zwingend dazu, dass das kulturelle Leben auch übers ganze Jahr stattfindet. Und wenn Kultur nur an Festivals konsumiert werden würde, diente das nicht der Vielfalt. Festivalverhalten kann wahrlich nicht als Massstab gelten. Wahr ist auch, Künstlerinnen und Künstler könnten nicht überleben, gäbe es nur Festivals. (Oder Satire gemessen an der Toleranzgrenze des SRF.) Einen überaus positiven Aspekt anerkennen muss ich im Fall des besagten Zuschauers dennoch. Er reiste für einen Film nach Olten, den er offensichtlich am Schweizer Filmfestival verpasst hatte. Bravo. Ein Bravo gebührt auch dem Lichtspiele. Es wird heuer 100-jährig.

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