«Feierabend»

Wenn man ineiner Kleinstadt wie Olten in den Tag hinein lebt, vergisst man gelegentlich, wie vielArbeit es braucht, so eine Stadt am Leben zu erhalten - hunderte von Leuten sorgen Tag für Tag dafür, dass wir jeden Tag Brot und Strom und Wasser haben, unser Müll und unserAbwasser verschwindet, unsereKinder gute Schulen haben, für unsere Alten und unsere Armen gesorgt ist, dass unsere Häuser ordentlich gebaut sind, keins zusammenkracht und man überhaupt weiss, welches Haus und welcher Garten wem gehört und wer wo wann ein Kabel in den Boden gelegt hat. Dass das alles so perfekt funktioniert im Städtchen, ist nicht selbstverständlich. Den Leuten, die dafür sorgen, gebührt Anerkennung. Dank ihnen ist Olten lebenswert.

Deshalb erstaunt es mich, dass viele von ihnen, vor allem die Chefs, nach Feierabend nicht in Olten bleiben, um die Früchte ihrer Arbeit zu geniessen.

Der hauptamtliche Oltner Stadtplaner zum Beispiel fährt jeden Abend heim nach Winterthur.

Die hauptamtliche Oltner Stadtentwicklerin fährt jeden Abend heim nach Zürich.

Der Chefredaktor des Oltner Tagblatts fährt heim nach Wolfwil.

Der Kommandant der Oltner Stadtpolizei ist nach Hägendorf umgezogen.

Der Präsident des Oltner Gewerbeverbands fährt heim nach Rickenbach.

Der Rektor der Oltner Schulen fährt heim nach Aarau.

Der Oltner Wirtschaftsförderer fährt heim nach Rickenbach.

Der Rektor der Fachhochschule fährt heim nach Wolfwil.

Der Kommandant der Oltner Feuerwehr wohnt auch nicht in Olten.

Die Oltner Konservatorin des Kunstmuseums fährt heim nach Zürich.

Und so weiter.

Selbstverständlich soll jeder wohnen dürfen, wo er will. Aber wieso nur fahren die alle immer weg? Jemand muss nach Feierabend doch hier bleiben, sonst ist die ganze Arbeit doch für die Katz’. Alex Capus

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