«El-elen»

Wir Oltner haben bekanntlich die Marotte, dass wir den L in«Olten» nicht aussprechen. Wir sagen «Oute», genauso wie«Unfau» statt «Unfall» oder«Abwauh» statt «Abwahl». Wieso wir das machen, weiss ich nicht. Vielleicht hatte in grauer Vorzeit ein Oltner einen Sprachfehler und war stark genug, ihn bei den andern als neue Sprachnorm durchzusetzen.

Mir gefällt mein Dialekt. Ich finde, er klingt warm und dunkel.Er klingt nach Eisenbahn und Aarestrand, nach Eishockey und Riesenrad. Er klingt schlicht und einfach. Und sympathisch ungestelzt.

Ab und zu kommt es vor, dass ein Oltner nicht mehr so klingen möchte; vielleicht, weil er zu viel 3Sat geguckt hat. Oder weil ereine Frau geheiratet hat, dieklüger ist als er. Wenn ein Oltner ein bisschen gestelzter klingen möchte - ein bisschen mehr nach Earl Grey und Kunsthaus, nach Opernhaus und Bundeshaus - dann verleugnet er sich selbst und fängt an, den L auszusprechen.

Dann sagt er nicht mehr «z’Oute», sondern «in Olte», und auch nicht mehr «Hauebad», sondern «Hallebad». Diese Sprechweise ist unter Fachleuten als «El-elen» bekannt. Wenn ein Oltner davon befallen ist, sagt man: «Är het jetz afo el-ele.» Und runzelt bedauernd die Stirn.

Oft geht das Phänomen mit schleichenden Veränderungen des Alltagsverhaltens einher. Die Leute fangen an Golf zu spielen. Und wenn sie Baumann heissen, nennen sie sich plötzlich nicht mehr «Buume», sondern «Baumann».

Ich bedaure das sehr, wennMenschen ihre Eigenart verleugnen, und bin der Ansicht, dass das Oltner Stadtmarketing gegen die grassierende Unsitte desEl-elens angehen müsste. Wir sollten unseren namenlosen Vorfahr und Begründer unseres Sprachfehlers mit einem jährlichen Feiertag ehren. Denn eine ernstzunehmende Stadt braucht drei Dinge: Einen eigenen Fluss, einen unverkennbaren Dialekt und eine Bierbrauerei.

Letzteres wird auch nochkommen. Alex Capus

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