Ein Tisch ist ein Tisch

Olten ist in der Krise, die Stadt hat kein Geld mehr. Wir müssen alle sparen und den Gürtel enger schnallen. Die Stadtregierung fordert uns auf, gemeinschaftlich zusammenzustehen und tapfer Verzicht zu üben.

In Zeiten der Not sind auch die geringsten Ausgaben auf ihre Notwendigkeit zu hinterfragen, das müssen wir Bürger einfach verstehen. In diesem Zusammenhang ist es zu sehen, dass beim Jahreskonzert der Jugendmusik die Zwischenverpflegung der rund 50 jungen Musiker, die seit Jahr und Tag aus einem Sandwich bestand, gestrichen wurde. Wenn so ein Sandwich im Ankauf, sagen wir, 5 Franken kostete, belastete dieser Posten die Stadtkasse mit immerhin 250 Franken pro Jahr. Vielleicht sogar mehr.

Auf einem ganz anderen Blatt steht geschrieben, dass die Oltner Polizeidirektorin unlängst einen neuen Sitzungstisch für 15’000 Franken anschaffte. Einfache Gemüter regen sich jetzt auf und lamentieren, dass man für dieses Geld - rechne! - 60 Jahre lang das Pausensandwich der Jugendmusik hätte finanzieren können.

Solche Rechnungen aber sollte man nicht vorschnell und ohne Kenntnis aller Fakten anstellen. Gut möglich zum Beispiel, dass die Polizeidirektorin bisher überhaupt kein Mobiliar hatte und ihre Sitzungen im Schneidersitz auf dem Boden abhalten musste; da ist es doch der Frau bitteschön nicht zu verargen, dass sie im fünften Amtsjahr einen Tisch anschafft. Und dass sie als grüne Politikerin nicht zu Ikea geht, sondern etwas Nachhaltiges, Beständiges kauft, muss man auch begrüssen.

Wie man hört, ist man auf der Polizeidirektion nun schon ein bisschen zerknirscht über den teuren Tisch. Aber bestellt sei nun mal bestellt, da könne man nichts machen. Und als man die Bestellung aufgab, hätten die Finanzen noch gesund geschienen.

Donnerwetter!, denke ich mir da. Das muss aber eine Weile her sein, dass die Finanzen gesund schienen. Was für Lieferfristen hat der Luxus-Tischler? Drei Jahre? Vier Jahre? Oder mehr?

Alex Capus

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