Durchmesserlinie Olten

Entgegen landläufiger Meinung ist nicht alles schlecht, was aus Zürich kommt. Die neue Durchmesserlinie zum Beispiel ist eine wirklich gute Sache. Kurz vor der Stadt gehen die Eisenbahnschienen in den Boden und tauchen am anderen Stadtrand wieder auf.

Soweit ich weiss, war während der Planung niemand auf die Idee verfallen, die Schienen oberirdisch durch die Stadt zu führen. Was für eine Katastrophe das gewesen wäre, kann man sehr schön in Olten beobachten, wo die Eisenbahn die Stadt sauber in zwei Hälften trennt. Wer vom Westen in den Osten will, muss eine von vier Unterführungen nehmen, von denen eine hässlicher als die andere ist. Es ist ein bisschen wie in Berlin vor 1989. Fehlen nur noch die grimmigen Volkspolizisten.

Man darf es den Gründervätern des Eisenbahnbaus nicht krumm nehmen, dass sie im Juni 1856, als die ersten Dampf-Tschutschus in Olten einfuhren, nicht an Durchmesserlinien dachten. Heute aber sind die oberirdischen Schienen das grösste städtebauliche Problem in der zweigeteilten Stadt. 

Weil ich finde, dass auch an der Aare zusammenwachsen sollte, was zusammengehört, hätte ich hier einen Vorschlag: Wir brauchen in Olten eine Durchmesserlinie. Die aus Basel und Zürich eintreffenden Züge sollten bei der Trimbacher Brücke im Boden verschwinden und erst nach dem Bahnhof wieder auftauchen. Unsere Stadtväter sollten mit den SBB die Köpfe zusammenstecken und einen Plan aushecken.

Ich bilde mir nicht ein, der Erste mit dieser Idee zu sein. Ideen kommen und gehen. Die guten tauchen alle 10 oder 20 Jahre auf. In einer Kleinstadt wie Olten sind dann stets sehr rasch die Erbsenzähler und Korinthenkacker zur Stelle, um zu erklären, wieso was nicht geht und weshalb es wirklich viel besser ist, auch die nächsten 20 Jahre die Hände in den Schoss zu legen.

Aber wenn die Korinthenkacker überall das Sagen hätten, gäbe es nirgends eine Durchmesserlinie. Und keine Rhätische Bahn. Ganz zu schweigen von Kathedralen, Menhiren und Pyramiden.

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