«Disruptive Töffli»
Ungemach kommt auf uns zu. Das Wort «disruptiv» macht die Runde. Es meint «zerstörend». Die Digitalisierung werde ähnliche Folgen haben wie die Industrialisierung für die Heimarbeit, heisst es. Sie werde vielen Unternehmen einfach den Stecker ziehen, wenn sich diese nicht rasch anpassten. Künftig bringen uns Drohnen die Waren, die wir bequem online auswählten. Am Morgen bestellt, am Abend geliefert. Im Alter betreuen uns Roboter, sie lesen die Daten vom Chip, den wir implantiert haben. Mobil sind wir ohnehin und lassen uns vom Autopiloten herumgondeln. Selbstverständlich sind alle Fahrzeuge elektrisch angetrieben.
Manchmal ist der Weg noch etwas holprig Richtung Wunderland. Ich denke an die Ferien, als unsere Plätze im italienischen Schnellzug doppelt gebucht waren. Wahrscheinlich hat die Digitalisierung hier kurz mal Pause gemacht. Und ich frage mich, wo die Energie herkommen soll, um die Millionen von Batterien zu laden, die es künftig für unsere Fahrzeuge braucht. Aber um solche Details kümmern sich die Propheten der disruptiven Technik nicht. Und wer solche Fragen stellt, ist wohl einfach zu früh auf die Welt gekommen. Die Jungen haben es gut, sie kommen nicht ins Grübeln. Sie haben vieles im Blut, was wir erst noch lernen müssen. Etwas erstaunt beobachte ich deshalb, dass viele Jugendliche wieder auf Töfflis durch die Gegend fahren, statt sich für Roboter oder E-Scooter zu interessieren. Von Lostorf bis Hägendorf begeistern sich Teenager für Technik aus dem letzten Jahrhundert. Ihre Töfflis haben sie aus zweiter Hand erworben. Laut und stinkend rattern sie durch die Quartierstrassen und scheinen nicht minder Spass zu haben als die Jugend vor 30 Jahren. Dieses Verhalten finde ich ziemlich disruptiv - und nicht mal unsympathisch.