Die Stadt entwickeln
«Mann, war das brav!», sagt unsere Mittlere. Wir ziehen Bilanz über das Stadtrat-Podium, das wir in der Schützi besucht haben. Der wieder antretende Stadtrat ist komplett vertreten gewesen. Ebenso die sechs Kandidatinnen und Kandidaten, die sich um den frei gewordenen Sitz der Sozialdemokraten streiten. Wir lernen an diesem Abend: Andaare ist definitiv gestorben, an der Winkelunterführung will sich niemand die Finger verbrennen, und ein buntes Olten SüdWest ist (noch) Vision. Der wilde Kandidat der FDP beansprucht viel Redezeit, um «alternative Finanzierungsmodelle» für teure Bauvorhaben zu fordern, derweil der Baudirektor kontert, wer solches vorbringe, könne nicht rechnen. Für konkrete Ideen und Inhalte ist wenig Platz. Immerhin: Der Stadtrat präsentiert sich kompetent und vernünftig. Zu diesem Schluss kommt mein Gatte.
Stimmt, denke ich: fast zu vernünftig. Was lässt sich mit zehn bis zwölf Millionen Franken anstellen, die der Finanzdirektor jährlich investieren will? Welche Stadtentwicklung ist so möglich? Mir gehen die Worte durch den Kopf, die der Basler Helmut Hubacher kürzlich über das «Pflichtenheft» eines Stadtentwicklers geäussert hat: «Von Beruf her ist er ein Querdenker», schrieb der Polit-Dinosaurier. «Er brütet Ideen aus, nicht nur gute, auch illusionäre und unbrauchbare.» Aber er müsse schockieren und provozieren. Er müsse allesdenken, auch Utopien. Und damit gehe er fast automatisch gewissen Gemütern auf den Wecker und mache sich unbeliebt. Olten hat die Stelle für Stadtentwicklung aus Spargründen gestrichen. Vielleicht ist es im Stadtrat Zeit für einen jungen Utopisten? Oder eine ältere Visionärin, die den Wakkerpreis erobern will?